Sonntag, 22. Februar 2015

Giftmörderinnen in der Frühen Neuzeit

Wer sich mit Kriminalität in der Frühen Neuzeit beschäftigt, stößt mit großer Sicherheit auf den scheinbar immer wiederkehrenden Typus der weiblichen Giftmischerin oder Giftmörderin. Um diesen und dessen Ursprünge soll es in diesem Artikel gehen. Mit Gesche Gottfried soll zudem ein Beispiel für eine vermeintlich typische Giftmörderin vorgestellt werden.

Im Neuen Pitaval, einer äußerst beliebten Sammlung historischer und zeitgenössischer Kriminalfälle, die zwischen 1842 in 1890 in einer Vielzahl von Bänden erschien, finden sich allein 50 Fälle von Giftmord, die in der Mehrheit von Frauen begangen wurden. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei der 1842 veröffentliche zweite Band der Reihe ein, in welchem insgesamt vier Fälle vorgestellt werden. Dabei handelte es sich um die Taten der französischen Marquise von Brinvillier (1676) sowie der deutschen Charlotte Ursinus‘ (1803), Anna Margareta Zwanzigers (1811) und Gesche Margarethe Gottfrieds (1831). Bereits vor der Veröffentlichung im Neuen Pitaval waren die Fälle teilweise unabhängig voneinander in Einzelstudien analysiert und untersucht worden, aber erst durch die Darstellung Wilhelm Härings, dem Editor des zweiten Bandes, wurden die vier Frauen zum „Viergespann der Giftmischerinnen“ und zu den „Heroinen des Giftmordes“ stilisiert. Dadurch wurde der Stereotyp der typisch weiblichen Giftmischerin geschaffen. Außerdem zeichneten sich die vier Beschreibungen in ihren Grundzügen durch eine große Ähnlichkeit aus und es wurde folgendes Bild entworfen: Frauen, die mit Gift morden, seien in ihrem Wesen äußerst lasterhaft. Gefährlich würden sie jedoch vor allem dadurch, dass sie gleichzeitig in ihrer Erscheinung sehr sinnlich seien und von einer Aura der Unschuld und der Tugend umgeben werden. Vermeintlich verfügen sie über ein Talent zur Heuchelei und Listigkeit, wodurch sie sich das Vertrauen ihrer Opfer erschleichen. Die Motivation für ihre Taten wurde dabei zumeist mit Habsucht, Gier, Grausamkeit und der Freude am qualvollen Töten benannt. Angebliche Verbindungen zu Hexerei oder zum Teufel waren auch ein immer wiederkehrendes Muster. Durch alle diese vermeintlichen Charaktereigenschaften würden sie dazu verleitet, mit Gift zu morden, da diese Form des Verbrechens zunächst eine unsichtbare ist. Sie wurde auch deshalb als typisch weiblich beschrieben, da sie keine Körperkraft erforderte und Frauen durch ihre Aufgaben im Haushalt der Zugang zu giftigen Substanzen leicht offen stand. Dieses besondere Darstellungsmuster spiegelte zugleich die männliche Angst wider, einem Giftmord zum Opfer zu fallen und resultierte in zahlreichen Verdächtigungen, die sich zwar größtenteils als haltlos erwiesen, die Frauen jedoch Zeit ihres Lebens mit dem Verdacht behafteten. 

Sonntag, 15. Februar 2015

Mord und Totschlag im Sachsenspiegel

‚Mord und Totschlag‘ ist noch heute innerhalb unserer Alltagssprache eine beliebte Paarformel. Dabei geht es aber häufig nicht im eigentlichen Sinne um die beiden Straftaten, sondern um die Beschreibung von Auseinandersetzungen, in denen vor der Anwendung grober Gewalt nicht zurückgeschreckt wurde. Zerlegt man die Paarformel nun in ihre Einzelteile, versteht man heute nach dem StGB unter Mord den Straftatbestand der Tötung aus niedrigen Beweggründen (Habgier, Mordlust etc.), während Totschlag definiert wird als das Töten eines Menschen ohne diese niedrigen Beweggründe (Notwehr, Affekt etc.).
Wie verhielt es sich aber mit Mord und Totschlag im Mittelalter? Wie definierte sich Mord, wie Totschlag und welche Strafen waren mit diesen Delikten verbunden? Dies sind Fragen, die dieser Artikel unter besonderer Zuhilfenahme des Sachsenspiegels beantworten möchte. Da es sich beim Sachsenspiegel, der zwischen 1225 und 1235 von Eike von Repgow verfasst wurde, um das erste Rechtsbuch in deutscher Sprache handelt, ist dieses eine unverzichtbare Quelle für die Beantwortung der gestellten Fragen.

Sonntag, 8. Februar 2015

Der Serienmörder Gilles de Rais

Am 26. Oktober 1440 wurde der Serienmörder Gilles de Rais gehängt, verbrannt und anschließend von vornehmen Damen seines Hauses bestattet. Laut Anklageakte soll de Rais "nicht nur zehn, auch nicht zwanzig, aber dreißig, vierzig, fünfzig, sechzig, hundert" oder noch viel mehr Kinder getötet haben, meistens zusammen mit mehreren Komplizen – die genaue Anzahl wurde nie aufgeklärt. Gilles de Rais gab vor Gericht an, dass er und seine Komplizen die Kinder auf grausamste Art und Weise quälten: Sie köpften die Kinder, schlugen mit Stöcken auf sie ein, vergewaltigten sie und vergingen sich an den bewusstlosen, im Sterben liegenden oder bereits gestorbenen Mädchen und vorzugsweise Jungen. Anschließend wurden seine Opfer verbrannt. In der Anklagen wurde ihm Sodomie, Nekrophilie, Sadomasochismus und weitere Paraphilien sowie Häresie und Mord in mehr als hundert Fällen zur Last gelegt.
In diesem Artikel gehen wir auf die Suche nach den Gründen für Gilles de Rais‘ abnormales Verhalten und betrachten diesbezüglich verschiedene Erklärungsansätze. Außerdem sehen wir uns mit der Frage konfrontiert, ob de Rais diese Verbrechen tatsächlich begangen hat oder ob er Opfer eines ganzen Systems wurde, denn erst 1992 wurde er von einem Gericht in Frankreich für unschuldig befunden.

Sonntag, 1. Februar 2015

Bischofsmorde im 12. Jahrhundert – Thomas Becket und Arnold von Selenhofen



 (Martyrium Thomas Beckets in einer Darstellung aus dem Braunschweiger Dom um 1250, http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Becket#mediaviewer/File:Braunschweiger_Dom_Secco_Malereien_Becket.jpg)

Diese Darstellung aus der Mitte des 13. Jahrhunderts zeigt einen Mord. Dies mag dem heute gängigen Bild vom „dunklen Mittelalter“, in dem Mord und Totschlag allgegenwärtig zu sein schienen, zwar entsprechen, aber dennoch erregte das dargestellte Verbrechen Aufsehen wie kaum ein anderes zu dieser Zeit. Betrachtet man das Wandgemälde genauer, kann man bereits erahnen, warum: So lassen die Bögen am oberen Bildrand, aber auch der Tisch auf der rechten Seite, bei dem es sich um einen Altar handelt, den Schluss zu, dass das Verbrechen in einer Kirche begangen wurde. Der Mann, der vor dem Altar kniet, trägt eine Mitra, die Kopfbedeckung, die auch heute noch von Bischöfen getragen wird. Es muss sich bei dem Opfer also um einen hohen kirchlichen Würdenträger handeln. Zudem umgibt ein Heiligenschein seinen Kopf, ein Zeichen für seine spätere Verehrung als Heiliger. Der Angreifer scheint recht vornehm gekleidet, außerdem ist er im Besitz eines Schwertes. Es handelt sich wohl um einen Ritter. Im Hintergrund ist außerdem angedeutet, dass dieser nicht alleine, sondern mit Unterstützern in die Kirche gekommen ist. In den Händen des Mannes auf der linken Seite ist ebenfalls ein Schwert zu erahnen. Die Malerei ist eine Darstellung des Mordes an Thomas Becket (1118‑1170), dem Erzbischof von Canterbury, im Jahre 1170.