Es gibt nicht wenige Stimmen, die diese Zeichnung als eine der wichtigsten Hinterlassenschaften des Mittelalters bezeichnen und sie in einem Atemzug mit dem Teppich von Bayeux nennen: den St. Galler Klosterplan.
Fünf zusammengenähte Pergamentstreifen, die zusammen eine Fläche von 112 x 77,5 cm ergeben, zeigen bis zu 50 Gebäude, die zum Komplex des Klosters und der zentral abgebildeten Abteikirche gehören. Alleine die Fertigung aus fünf Pergamentstreifen zeigt das Bewusstsein des Auftraggebers etwas Wichtiges herzustellen, denn Pergament war im Mittelalter sehr wertvoll und kostbar; es konnte aber auch einen viel längeren Zeitraum als Papyrus überdauern. Wie wertvoll Pergament war, zeigen auch die Rückseite und der linke, untere Teil der Vorderseite: Dort wurde das Pergament Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts erneut benutzt und mit der Vita des Heiligen Martin beschrieben. Pergament als Beschreibstoff war also so kostbar, dass es sehr häufig mehrmals beschrieben wurde.
Was aber ist so wichtig, dass es auf diesen fünf Pergamentstreifen gezeichnet werden musste? Und was ist auf diesem Plan abgebildet und wie hilft er uns, das Mittelalter zu verstehen?