„Anfang des 1582 Jahrs
[…]
68) Den 27. Sept. Valentin Ernst, von Wehr, ein
Tüchner und Imen Dieb, welcher zuvor zu Schwabach, der Imen halben mit Ruthen
ausgestrichen worden, zu Nürnberg mit den Strang gericht.“
Diese
Beschreibung der Bestrafung eines Diebes zunächst mit einer Leibesstrafe und
dann mit dem Tod durch den Strang, vollstreckt am 27. September 1582 in
Nürnberg, stammt aus dem Tagebuch des Nürnberger Scharfrichters Franz Schmidt
(ca. 1555-1634), um den und dessen Beruf es in diesem Artikel gehen soll und
der die oben beschriebene Hinrichtung vorgenommen hat.
Viel ist über das Leben des Henkers, der auch aufgrund seines Geschicks Meister Franz genannt wurde, nicht bekannt. Geboren wurde er vermutlich um 1555 in Hof in Franken und er starb am 14. Juni 1634 in Nürnberg. Hier verbrachte er die meiste Zeit seines Lebens und hier wurde er auch begraben. Im Dezember 1579 heiratete er Maria Beck über die weiter nichts bekannt ist. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten. Bereits Franz‘ Vater Heinrich Schmidt hatte den Beruf des Nach- (der, der nach dem Richter richtet) oder Scharfrichters (der, der mit dem Schwert scharf richtet) in Bamberg ausgeübt und sein Sohn folgte ihm in dieser Position. Da die Verrichtung dieser Tätigkeit in der Frühen Neuzeit als unehrlich galt, stand dem Sohn von Beginn an kaum eine andere Möglichkeit offen, als ebenfalls Scharfrichter zu werden. Unehrliche Berufe waren bestimmte Erwerbstätigkeiten, denen gesellschaftlich keine Ehrbarkeit zugestanden wurde. Sie galten als ehrlos, wurden daher verachtet und zogen Formen sozialer Ausgrenzung, Stigmatisierungen und eingeschränkte Rechte nach sich. Der Beruf des Scharfrichters wurde besonders durch seine Nähe zu Tod und Strafe sowie zu in gewisser Weise aus der gesellschaftlichen Ordnung gefallener Körper als unehrlich betrachtet, ein Aspekt, der Schmidt Zeit seines Lebens beschäftigen sollte.
Viel ist über das Leben des Henkers, der auch aufgrund seines Geschicks Meister Franz genannt wurde, nicht bekannt. Geboren wurde er vermutlich um 1555 in Hof in Franken und er starb am 14. Juni 1634 in Nürnberg. Hier verbrachte er die meiste Zeit seines Lebens und hier wurde er auch begraben. Im Dezember 1579 heiratete er Maria Beck über die weiter nichts bekannt ist. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten. Bereits Franz‘ Vater Heinrich Schmidt hatte den Beruf des Nach- (der, der nach dem Richter richtet) oder Scharfrichters (der, der mit dem Schwert scharf richtet) in Bamberg ausgeübt und sein Sohn folgte ihm in dieser Position. Da die Verrichtung dieser Tätigkeit in der Frühen Neuzeit als unehrlich galt, stand dem Sohn von Beginn an kaum eine andere Möglichkeit offen, als ebenfalls Scharfrichter zu werden. Unehrliche Berufe waren bestimmte Erwerbstätigkeiten, denen gesellschaftlich keine Ehrbarkeit zugestanden wurde. Sie galten als ehrlos, wurden daher verachtet und zogen Formen sozialer Ausgrenzung, Stigmatisierungen und eingeschränkte Rechte nach sich. Der Beruf des Scharfrichters wurde besonders durch seine Nähe zu Tod und Strafe sowie zu in gewisser Weise aus der gesellschaftlichen Ordnung gefallener Körper als unehrlich betrachtet, ein Aspekt, der Schmidt Zeit seines Lebens beschäftigen sollte.
Meister
Franz begann seine Laufbahn in der Nähe von Bamberg, wo er von 1573 bis 1578 tätig
war. Anschließend ging er nach Nürnberg und hatte dort von 1578 bis 1617 das
Amt des Scharfrichters inne. Dabei umfasste seine Tätigkeit nicht nur die
Vollstreckung der Todesstrafe mit dem Schwert, dem Rad, dem Strang oder durch das
Ertränken oder Verbrennen, sondern auch die Durchführung der Folter und die
Ausführung von Leibesstrafen. Als Schmidt seinen Dienst als Scharfrichter in
Nürnberg 1617 schließlich beendete, hatte er nach eigener Zählung 345
Leibesstrafen und 361 Hinrichtungen vollstreckt, davon 187 mit dem Schwert:
„Summa summarum aller der So vom
Leben zum Thodt seyndt durch Frantz Schmidt hiesigen Nürnbergischen Scharff
richter, hingerichtet worden 361 Persohnen. Ferner so am Leib gestrafft und mit
Ruden auß streichen, Ohren abschneiden und Finger abschlagen worden 345
Personen. Darmit hat er seinen dienst auff gegeben, und wider redlich gemacht
worden.“
Franz Schmidt bei der Hinrichtung von Hans
Fröschel, 1591, Staatsarchiv Nürnberg. https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AFranz_Schmidt_executing_Hans_Fr%C3%B6schel.jpg |
Für
einen Scharfrichter nicht ungewöhnlich wandte sich Schmidt zum Ende seiner
beruflichen Laufbahn der Wundarznei und der Medizin zu. Hierbei konnte er von
dem Wissen profitieren, das er bei der Ausübung seiner Aufgaben als
Scharfrichter erlangt hatte sowie von Sezierversuchen, die ihm vom Nürnberger
Rat bewilligt worden waren. Einen großen persönlichen Erfolg erzielte er
schließlich im September 1624, als er von Kaiser Ferdinand II. (1578-1637)
ehrlich gesprochen wurde und damit für sich und seine Familie eine bessere und
geachtetere Position in der Stadt erlangte. Diesem Schritt vorausgegangen war
bereits 1593 die Erlangung des Bürgerrechts in Nürnberg.
Während
das Leben Franz Schmidts nur in Grundzügen überliefert ist, liegt gleichzeitig
eine Vielzahl von Informationen über die von ihm vollzogenen Urteile vor. Für
deren Überlieferung zeichnet er sich selbst verantwortlich. Denn seit dem
Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1573 bis zu ihrem Ende 1617 listete Schmidt akribisch
und in einer Art Tagebuch in zwei Teilen die von ihm vollstreckten Todes- und
Leibesstrafen (diese ab 1578) auf und schuf somit eine in ihrer Art
einzigartige und hochinteressante Quelle für die Rechts- und Alltagsgeschichte
der Frühen Neuzeit sowie für die Geschichte der Stadt Nürnberg. Wie am Anfang
des Artikels bereits gezeigt, verzeichnete Schmidt dabei chronologisch und
numerisch für jedes Jahr seiner 45-jährigen Dienstzeit seine erfüllten
Aufgaben, wobei er jeweils den Namen des Verurteilten, häufig auch dessen Herkunft,
Stand und Beruf, das begangene Verbrechen sowie das Strafmaß bzw. die Art des
Todes auflistete. Am Ende eines jeden Jahres zog Schmidt schließlich eine numerische
Bilanz: So endet die Eintragung für das erste Jahr seines Dienstes beispielsweise
mit summa 5 Persohnen, die er
hingerichtet hatte, wohingegen das Jahr 1580 mit summa 20 Persohnen schloss. Gleichzeitig zählte er die
Hinrichtungen und Leibesstrafen auch fortlaufend weiter. Zudem fällt auf, dass
seine Beschreibungen mit den Jahren immer ausführlicher und er vor allem den
begangenen Verbrechen größere Aufmerksamkeit widmete. Dabei wurde Schmidt in
seinen Berufsjahren beispielsweise mit Dieben, Mördern und Kindsmörderinnen
sowie mit Fällen von Täuschungen, Unzucht und Falschmünzerei konfrontiert. Während
er diese Fälle immer detailreicher schilderte, finden sich in den Aufzeichnungen
kaum persönliche Anmerkungen oder private Informationen. Eine Ausnahme bilden misslungene
Hinrichtungen mit dem Schwert, bei denen Schmidt mehr als einmal zuschlagen
musste. Diesen Fehler seinerseits, der wohl nur viermal vorkam, notierte er
pflichtbewusst.
Die
Aufzeichnungen Schmidts, deren Original heute nicht mehr zu existieren scheint,
erschienen erstmals 1801 als Druck in Nürnberg unter dem Titel "Meister Frantzen Nachrichter alhier
in Nürnberg all sein Richten am Leben" versehen mit einem Kommentar des Herausgebers "so wohl seine Leibs Straffen,
so er verricht, alles hierin ordentlich beschrieben, aus seinem selbst eigenen
Buch abgeschrieben worden".
Noch
heute kann in Nürnberg die ehemalige Dienstwohnung Schmidts und seiner
Vorgänger und Nachfolger im Amt des Scharfrichters der Stadt besucht werden.
Diese Wohnung, die über die Pegnitz ragt, sich im Henkerturm befindet und nur
über den sogenannten Henkersteg zu erreichen ist, beinhaltet heute eine
rechtsgeschichtliche Ausstellung, die sich mit dem Leben und der Stellung der Scharfrichter
in der Stadt beschäftigt und dabei das Tagebuch Franz Schmidts und dessen Wert
in den Mittelpunkt stellt.
Der Druck von 1801 findet sich hier online:
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10394212_00001.html
Diefenbacher, Michael (Hg.): Die Henker von Nürnberg und ihre Opfer. Folter und Hinrichtungen in den Nürnberger Ratsverlässen 1501 bis 1806. Aus den Archiven zusammengestellt von Friedrich von Hagen. Aus dem Nachlass bearbeitet von Manfred H. Grieb, (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg; 35), Nürnberg 2010.
Diefenbacher, Michael (Hg.): Die Henker von Nürnberg und ihre Opfer. Folter und Hinrichtungen in den Nürnberger Ratsverlässen 1501 bis 1806. Aus den Archiven zusammengestellt von Friedrich von Hagen. Aus dem Nachlass bearbeitet von Manfred H. Grieb, (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg; 35), Nürnberg 2010.
Dülmen, Richard van: Der ehrlose Mensch. Unehrlichkeit und soziale Ausgrenzung in der Frühen Neuzeit, Köln u. a. 1999.
Nowosadtko, Jutta: Scharfrichter und Abdecker. Der Alltag zweier „unehrlicher Berufe“ in der Frühen Neuzeit, Paderborn 1994.
Guter Text. Vermisse freilich das Buch von Joel Harrington zu Meister Franz, das im letzten Jahr auch in deutscher Übersetzung erschienen ist: Die Ehre des Scharfrichters.
AntwortenLöschenVielen Dank für den Literaturhinweis. Ich habe für diese Woche bereits geplant, einen Beitrag zu posten, der meinen Artikel ergänzt und einen Auszug aus besagtem Buch beinhaltet. An der Stelle werden wir dann natürlich auch auf die deutsche Übersetzung verweisen.
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