Sonntag, 28. Februar 2016

Nicolas Flamel und der Stein der Weisen - Wahrheit oder Legende?

“I knew it! I knew it!” “Are we allowed to speak yet?” said Ron grumpily. Hermione ignored him. “Nicolas Flamel,” she whispered dramatically, “is the only known maker of the Philosopher's Stone!” (Joanne K. Rowling, Harry Potter and the Philosopher's Stone, S. 237)

Dieses Zitat dürfte vielen nur allzu bekannt vorkommen – sei es aus dem 1997 erschienenen ersten Band der Harry-Potter-Reihe Harry Potter und der Stein der Weisen der britischen Autorin Joanne K. Rowling oder dem 2001 in die Kinos gekommenen gleichnamigen Film. Ausgehend von der literarischen Verarbeitung des Motivs geht unser heutiger Artikel der Frage nach, was es mit der realen Person Nicolas Flamel tatsächlich auf sich hatte, was über sein Leben überliefert ist und in welcher Verbindung er mit dem sagenumwobenen Stein der Weisen (lat. lapis philosophorum, eng. philosopher's stone) steht. Handelt es sich bei Flamel wirklich, wie Hermine Ron und Harry gegenüber erklärte, um den einzigen bekannten Hersteller eines Steines, der seinem Besitzer Reichtum und Unsterblichkeit gewähren sollte? 

Phantasieportrait Flamels von Balthasar Moncornet aus dem 17. Jahrhundert https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Flamel.jpg

Sonntag, 21. Februar 2016

„so nim danne din uentilabrium“ – Schädelchirurgie im Mittelalter

Ein Name ist unweigerlich mit der mittelalterlichen Chirurgie verbunden: Roger Frugardi (1140-1195). Erst mit ihm und seinen Vorlesungen zur allgemeinen und speziellen Chirurgie an der Hochschule von Parma kam es zu einem Neubeginn der abendländischen chirurgischen Praxis und zu wundärztlichen Vorlesungen auch an den Medizinschulen von Salerno, Montpellier und Paris sowie der Entstehung der Chirurgenschule in Bologna. Mit Roger Frugardi war die Chirurgie nun kein bloßes Handwerk mehr, sondern Teil des Unterrichts an den großen mittelalterlichen Medizinschulen. Seine Vorlesungen in Parma wurden in den 1170er Jahren von Guido von Arezzo dem Jüngeren anhand von mehreren Hörermitschriften festgehalten und um 1180 mit Erkenntnissen durch die persönliche Unterweisung Arezzos durch Roger Frugardi erweitert als Practica Chirurgiae herausgegeben. Diese chirurgische Schrift, die heute als Rogerina bekannt ist, begründete nicht nur die Gattung des abendländischen chirurgischen Lehrbuchs, sondern wurde auch bis ins 14. Jahrhundert immer wieder neu überarbeitet, kommentiert und erweitert und war damit maßgeblich für das Hoch- und Spätmittelalter.
Dieser Artikel will aber nicht weiter Leben und Werk Roger Frugardis beleuchten, sondern anhand des im Breslauer Arzneibuchs (Ende 13./Anfang 14. Jh.) überlieferten Schädelchirurgischen Fragments (111v-114v), dessen Verfasser sich an der (schädel-)chirurgischen Praxis Frugardis orientierte, Einblicke in die mittelalterliche Schädelchirurgie geben. 

Sonntag, 7. Februar 2016

Die Versklavung der Roma in Südosteuropa*

Wenn ich sterbe, begrabt mich aufrecht, denn ich habe mein ganzes Leben lang auf Knien verbracht.“ So lautet ein Aphorismus der Roma. Und tatsächlich – das Leid der Roma zeigt viele Facetten. Von immer noch währendem Rassismus gegen „die dunkelhäutigen Fremden“, wie Roma auch heute noch oft bezeichnet werden, bis zur ihrer systematischen Vernichtung während des Nationalsozialismus, hat das Roma-Volk allerhand Erniedrigungen über sich ergehen lassen müssen. Doch seine Leidensgeschichte begann schon viel früher, als Mitte des 14. Jahrhunderts einzelne Roma-Gruppen aus Kleinasien in die Fürstentümer Moldau und Walachei, heute Rumänien und Moldawien, zogen. Dort fanden sie zu Anfang ihren Platz in der Gesellschaft, wenn auch auf der niedrigsten Stufe der sozialen Hierarchie, in dem sie sich in Nischenberufen betätigten. Doch diesen Platz haben sie schnell wieder eingebüßt, als das Osmanische Reich Ende des 14. Jahrhunderts die Fürstentümer zu Vasallenstaaten erklärte. Von nun an waren die Woiwoden (slawische Herrscher), Klöster und Bojaren (Großgrundbesitzer) zu hohen Tributzahlungen gezwungen, was die Nachfrage nach Arbeitskräften steigerte. Die Steuern wurden folglich erhöht und Roma kurzerhand zu robi, also Sklaven erklärt.


Porträt eines walachischen Roma-Sklaven (Rumänien)
http://rombase.uni-graz.at/cgi-bin/res.cgi?lang=de&filename=data/hist/modern/vlach.res.xml&id=1