In
den letzten beiden Artikeln dieser kurz!-Reihe ging es um die Vorbereitungen die
Durchfürgung der Kaiserkrönung Friedrich I. Barbarossas in Rom durch Papst
Hadrian IV. im Jahre 1155. Bereits beim ersten Zusammentreffen zwischen dem römisch-deutschen
König und dem Papst waren Spannungen offen zutage getreten, die sich im Laufe
des Italienzuges Barbarossas noch ausweiteten. Der frisch gekrönte Kaiser hatte
Italien auf Druck seiner Großen und aufgrund von Krankheiten und Hitze, die
seinem Heer zu schaffen machten, wieder verlassen müssen, ohne die von ihm im
Konstanzer Vertrag (1153) gemachten Zusagen einhalten zu können. Daraufhin
hatte der Papst sich den mit dem römisch-deutschen Reich verfeindeten Normannen
auf Sizilien zugewandt und mit ihnen den sogenannten Vertrag von Benevent
(1156) geschlossen (mehr über darüber erfahrt ihr in Teil I und Teil II unserer Reihe).
Bald
nach dem Vertragsschluss von Benevent erreichte der Konflikt zwischen Friedrich
I. Barbarossa und Hadrian IV. eine neue Eskalationsstufe. Der Kaiser hielt im
Oktober 1157 einen Hoftag in der ostfranzösischen Stadt Besançon ab, zu dem auch
Gesandte des Papstes erschienen waren. Einer der Gesandten war der päpstliche
Kanzler Roland von San Marco, der später zu einer führenden Figur im Schisma
werden sollte. Zunächst wurde die Gesandtschaft durch den Kaiser ehrenvoll
empfangen. Auffällig sei laut Rahewin (gestorben vor 1177), einem
zeitgenössischen Biografen Barbarossas, bei dieser Begegnung bereits die Begrüßung
der Kardinäle gewesen: Sie hätten den Kaiser unüblicherweise als ihren „Bruder“
bezeichnet, was bei diesem offenbar auf Befremden gestoßen sei.
Anschließend übergaben die Gesandten dem
Kaiser einen Brief, der unter anderem einen Satz darüber enthielt, dass der
Papst dem Kaiser beneficia verliehen
habe. Als Barbarossas Kanzler Rainald von Dassel den Brief übersetzt hatte,
waren die Anwesenden aufgebracht. Zum einen war der Brief sehr scharf
formuliert, zum anderen sorgte die genannte Passage für Verärgerung, weil
Rainald von Dassel als Übersetzung des Wortes beneficium das Wort „Lehen“ gewählt hatte. Die Entrüstung unter den
Fürsten wurde noch dadurch verstärkt, dass man in Rom behauptete, der Kaiser
habe das Königtum über Italien als Schenkung des Papstes erhalten.
Diese Silberbüste zeigt Rainald von Dassel, Kanzler Friedrich I. Barbarossas und Erzbischöf von Köln, Kölner Dom, https://www.britannica.com/biography/Rainald-of-Dassel |
Obwohl die Anwesenden bereits über das
Verlesene aufgebracht gewesen waren, soll einer der Legaten zusätzlich gesagt
haben: A quo ergo habet, si a domno papa
non habet imperium? (Von wem aber soll er sie [die Macht] haben, wenn er
die Macht nicht vom Herrn Papst hat?) , was die ohnehin aufgeheizte Situation noch
verschärfte. Friedrich I. Barbarossa gelang es zwar, die Stimmung zu beruhigen
und zu verhindern, dass einer der Großen, Otto von Wittelsbach (um 1117-1183), vor
Wut Hand gegen einen der Legaten erhob, doch wurden diese trotzdem unverzüglich
und ohne die üblichen Ehrerbietungen nach Hause geschickt.
Daraufhin
veröffentlichte der Kaiser die Geschehnisse in einem Brief, in dem er den
beiden Legaten schwere Vorwürfe machte. Er stellte darin außerdem klar, dass er
die Kaiserkrone allein durch die Wahl der Fürsten und damit von Gott empfangen
habe und lehnte jegliche Behauptungen ab, dass das Kaisertum ein Lehen des
Papstes sei.
Bei
ihrer Rückkehr berichteten die päpstlichen Legaten dem Papst von ihrer Reise
und den Vorfällen. Laut Rahewin spaltete sich der römische Klerus in dieser
Angelegenheit in zwei Parteien: Eine gab dem Kaiser Recht, eine dem Papst. Auch
der Papst reagierte auf die Ereignisse mit einem Brief, den er an die
Erzbischöfe und Bischöfe richtete. Darin rief er sie dazu auf, sich auf die
Seite der Kirche zu stellen, den König zur Vernunft zu bringen und sich für
eine Bestrafung des Kanzlers Rainald von Dassel und Ottos von Wittelsbach
einzusetzen. Die Bischöfe des römisch-deutschen Reiches schlugen sich jedoch
auf die Seite des Kaisers, sodass der Papst zurückrudern musste und in einem
weiteren Schreiben klarstellte, dass mit beneficium
keinesfalls das „Lehen“, sondern viel eher die „Wohltat“ gemeint sei.
Im
Rahmen der beschriebenen Ereignisse war ein Streitpunkt zwischen Kaiser und
Papst ganz offen zutage getreten: die unterschiedlichen Auffassungen der beiden
Seiten über den Ursprung der kaiserlichen Gewalt. Während Barbarossa Kaiser und
Papst als gleichrangig betrachtete, schien das für Hadrian IV. nicht zu gelten.
Wie bereits in Sutri angeklungen war, fürchtete der römisch-deutsche Kaiser
untergeordnet zu werden. Dass es diesen Konflikt zwischen den beiden Mächten
gab, war nicht neu, allerdings fand die Auseinandersetzung darüber in diesem
Zusammenhang erstmals öffentlich statt.
Fraglich
ist nun, wo der Ursprung des Eklats zu suchen ist. Handelte es sich erneut, wie
in Sutri, um ein Missverständnis durch eine fehlerhafte Übersetzung? Hatte der
Papst absichtlich das doppeldeutige Wort beneficium
verwendet? Oder lag die Schuld bei Rainald von Dassel, der bewusst die
provokanteste Übersetzung gewählt hatte? Dazu stellt sich die Frage, welchen
Nutzen die einzelnen Akteure, allen voran der kaiserliche Kanzler und der Papst
von einer derartigen Provokation gehabt hätten.
Möglicherweise
hatte Hadrian IV. absichtlich einen zweideutigen Begriff gewählt, um Kaiser und
Kirchenfürsten auseinanderzubringen oder um die Grenzen des Kaisers und die
Loyalität seiner Bischöfe auszuloten. Falls der Papst dies im Sinne hatte, so
war er damit gescheitert: Es war ihm nicht gelungen, die deutschen Bischöfe für
sich zu gewinnen, weshalb er, wie oben beschrieben, die Formulierung in seinem
Brief im Nachhinein entschärfen und erklären musste.
Der
zweite wichtige Akteur am Hoftag von Besançon war des Kaisers Kanzler Rainald
von Dassel. Diesem wird häufig eine absichtliche Übersetzung von beneficia mit „Lehen“ zugeschrieben. Ein
klares Motiv dafür ist jedoch nicht eindeutig auszumachen. Generell ist im
Nachhinein nicht mehr zu klären, ob Rainald von Dassel absichtlich die
Bedeutung „Lehen“ wählte, oder nicht. Allein die Tatsache, dass die Anwesenden
diese Interpretation des Wortes beneficium
in einem Schreiben des Papstes für möglich hielten, zeigt aber schon
deutlich, dass derartige päpstliche Ansichten über das Kaisertum nicht abwegig
erschienen und auch öffentlich bekannt waren.
Das
Vertrauen war nach diesen Ereignissen auf beiden Seiten tief erschüttert, die
Fronten unter den Kardinälen zwischen einer kaiserfreundlichen und einer
kaiserfeindlichen Partei zunehmend verhärtet. Als Barbarossa sich im kommenden
Jahr (1158) wieder nach Italien aufmachte, um sich mit den aufständischen
norditalienischen Städten zu befassen (mehr dazu gibt es hier) schienen die Differenzen bereits
unüberwindbar. Wie diese Situation zum endgültigen Bruch zwischen Friedrich I. Barbarossa und Hadrian IV.
führte, dass erfahrt ihr im nächsten Teil unserer kurz!-Reihe.
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