„Die geuerlicheiten und eins teils
der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds und Ritters
herr Tewrdanncks“. Unter diesem Titel erschien 1517 in
Nürnberg ein kunstvoller Pergamentdruck, um den es in diesem Artikel gehen
soll. Die Rede ist von einem Auftragswerk Kaiser Maximilians I. (1459-1519),
das heute unter dem Namen Theuerdank
bekannt ist und das in seiner Ausgestaltung zu den prachtvollsten Drucken aus
der Frühphase des Buchdrucks zählt. Darüber hinaus ist es ein interessantes
Beispiel für die Nutzung des Mediums Buch durch Maximilian als Mittel zur Festigung
seiner Herrschaft.
Seite aus der
Theuerdank-Ausgabe von 1517
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1a/Theuerdank-1.jpg
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In
118 Kapiteln, denen jeweils ein Holzschnitt vorangestellt ist, beschreibt das
Versepos Theuerdank die Erlebnisse
und Prüfungen, die der 18-jährige Ritter Theuerdank (oder Thewrdanck) und sein
Begleiter Ernhold auf der Reise zu Theuerdanks Braut, der Tochter Herzog
Romreichs, zu bestehen haben. Auf ihrem Weg begegnen ihnen die drei Figuren
Fürwittig (oder Fürwitz), Unfalo (oder Unfall) und Neidelhart (oder Neidhard),
die mit allen Mitteln versuchen, die anstehende Hochzeit zu verhindern. Ihre sprechenden
Namen deuten in diesem Zusammenhang bereits an, wie und warum sie Theuerdank
aufhalten und in Gefahr bringen wollen: Fürwittig versucht den Ritter zu
übermütigen Aktionen zu überreden, Unfalo versucht diesem absichtlich Schaden
zuzufügen und Neidelhart wird in seinen Handlungen von Missgunst und Neid
gegenüber Theuerdank angetrieben. Dieser kann sich der Gefahren jedoch stets
erwehren und bleibt bis zuletzt siegreich, während Fürwittig, Unfalo und
Neidelhart letztlich für ihre Taten zum Tode verurteilt und hingerichtet
werden. Theuerdank erreicht am Ende seine Braut Fräulein Ernreich unversehrt
und verlobt sich mit dieser. Zur Hochzeit kommt es jedoch innerhalb der
Handlung nicht mehr, da der Ritter erst ins Heilige Land ziehen will, um dort
weitere Abenteuer zu bestehen.
Es
steht außer Frage, dass Maximilian, der dem Haus Habsburg entstammte und seit
1486 König sowie seit 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war, bei der
Entstehung des Werkes beteiligt war und diese genauestens beaufsichtigte und
beeinflusste. Schon im Vorfeld des Theuerdanks hatte er literarische Projekte
in Angriff genommen: Unter anderem ein Gebetbuch, das 1514 oder 1515 entstand,
sowie ein Jahr zuvor den Weißkunig, ein unvollendet gebliebenes Werk, welches
die Jugend und die ersten Jahre der Herrschaft Maximilians thematisiert. In
diesem Zusammenhang kann davon ausgegangen werden, dass sich Maximilian also
der Chancen, die sich durch die fortschreitende Entwicklung des Buchdrucks für
seine Herrschaft boten, bewusst war. Indem er seinen Herrschaftsanspruch und
seine Erfolge schriftlich und auf kunstvolle Art und Weise fixierte, nutzte er das
Medium Buch sinnvoll zur Legitimation seiner Taten und darüber hinaus als
Möglichkeit zur autobiographischen
Selbstdarstellung und im weitesten Sinne als Propagandainstrument und Kommunikationsmittel.
Überhaupt verfügte Maximilian über eine hohe Affinität zu Wissenschaft, Kunst und Literatur und förderte diese.
Innerhalb
der Forschung zum Theuerdank wird
vermutet, dass Maximilian nicht nur das Gesamtkonzept erdacht, sondern auch die
Inhalte der einzelnen Kapitel bestimmt und die ergänzenden Holzschnitte eigenständig
ausgewählt sowie teilweise sogar skizziert habe. Neben überlieferten Notizen,
die den Text thematisieren und von Maximilian selbst stammen sollen, sind auch
verschiedene handschriftliche Fassungen des Textes erhalten geblieben. Bearbeitet
wurde der Text dann von seinem Geheimschreiber Marx Treitzsaurwein (um
1450-1527), während Melchior Pfintzing (1481-1535), Geistlicher und Mitglied
des Hofstaats, die Verse setzte und als Herausgeber fungierte. Dabei begann die
Erstauflage mit einer Adressierung Maximilians, „von gotsgenaden Erwoelter Roemischer Kayser zu allen Zeitten merer des
reichs“, in welcher ihm für die
ermöglichte Veröffentlichung gedankt wird. Darüber hinaus widmete Pfintzing den
Theuerdank nicht nur dem Enkel
Maximilians, dem späteren Kaiser Karl V. (1500-1558), sondern auch Maximilian
selbst als „meinem allergnedigsten
herrn“.
Holzschnitt zu
Kapitel aus der Ausgabe von 1517, Künstler: Hans Burgkmair
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e6/Theuerdank-2.jpg
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Neben
diesen Hinweisen auf formaler Ebene wird zudem die Handlung als eine fiktive Umarbeitung
der realen Brautfahrt Maximilians zu Maria von Burgund angesehen. Maximilian
und Maria hatten im August 1477 geheiratet, wodurch Maximilian selbst zum
Herzog von Burgund geworden war und über das burgundische Erbe seiner Ehefrau
als Tochter Karls des Kühnen (1433-1477) verfügen konnte, nachdem er es gegen
die Ansprüche des französischen Königs Ludwig XI. (1423-1483) verteidigt hatte.
Für diese Lesart spricht vor allem die Tatsache, dass den Ausgaben des Theuerdanks eine Liste beigelegt wurde,
auf der den fiktiven Figuren verschlüsselt ihre realen Vorbilder zugeordnet
werden: So findet sich hinter dem Namen Theuerdank die Abkürzung K. M. E. Z. O.
V. B., während hinter Fräulein Ernreich der Code H. M. V. B. steht. Aufgelöst
stehen diese Abkürzungen dann für „Kaiser
Maximilian Erzherzog Zu Österreich Vnd Burgund“
sowie „Herzogin Maria Von Burgund“.
Die
Rezeptionsgeschichte des Theuerdanks
setzte 1517 unmittelbar mit dem Druck der ersten Ausgabe durch Johann
Schönsperger dem Älteren (um 1455–1521) in Nürnberg ein, der seit 1508
kaiserlicher Hofbuchdrucker war. Diese Ausgabe zeichnet sich insbesondere durch
eine Vielzahl von Illustrationen aus, sowie durch die Verwendung einer eigens
für sie entwickelten Drucktype, die noch heute unter dem Namen „Theuerdank“
bekannt ist und als Vorstufe der Fraktur gilt. Gleichzeitig orientierte sich
der Druck in seiner Gestaltung aber noch an der Handschriftenkultur des
Mittelalters. Maximilian ließ zu diesem Zeitpunkt circa 40 Pergamentexemplare
und 300 weitere Papierexemplare drucken. Während die wertvolleren
Pergamentexemplare als Geschenke für die hochrangingen Persönlichkeiten seiner
Zeit gedacht waren, sollten die Papierexemplare eher ein breiteres Publikum
erreichen. Aus ungeklärten Umständen jedoch wurden zunächst weder die
Pergament- noch die Papierausgaben verbreitet. Maximilian selbst soll jedoch
stets ein Exemplar dieser ersten Auflage bei sich getragen haben. Erst die
zweite Auflage, die 1519, das heißt nach dem Tod Maximilians in Augsburg erschien,
fand dann schließlich ihren Weg zu Lesern und Bibliotheken. Das unklare
Schicksal der ersten Auflage führte schon bald zu Gerüchten wie, dass sich
diese in Maximilians Sarg befinde. Über die Jahre folgten immer weitere
Nachdrucke und sogar eine unvollständig gebliebene Übersetzung ins Lateinische,
was auf ein breites Publikumsinteresse schließen lässt.
Titel der
Ausgabe von 1679
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/57/Theuerdank1679.titel.jpg
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Vor
allem die 1679 in Augsburg und Ulm durch den Verleger und Drucker Matthäus
Schultes entstandene Neuausgabe war dabei von großer Bedeutung. Schultes hatte
die originalen Platten der Holzschnitte zufällig gefunden und brachte nun eine
in Sprache und Layout etwas modernisierte Fassung heraus, die er außerdem um
biographische Angaben zu Maximilian ergänzte. Während in den sich
anschließenden Jahrhunderten der Theuerdank
beinahe in Vergessenheit geriet, erfreut er sich heute wieder einem
vermehrten Interesse, insbesondere im Rahmen germanistisch-mediävistischer
Forschungen. Auch im Rahmen von Auktionen erzielen Ausgaben des Theuerdanks heute enorm hohe Preise und
Bibliotheken betrachten den Besitz eines Exemplars als Aushängeschild.
Zum Weiterlesen:
Kaiser
Maximilian I.: Die Abenteuer des Ritters Theuerdank. Kolorierter Nachdruck der
Gesamtausgabe Nürnberg 1517, hg. v. Stephan Füssel, Köln 2003.
Füssel,
Stephan: Kaiser Maximilian und die Medien seiner Zeit. Der Theuerdank von 1517.
Eine kulturhistorische Einführung, Köln 2003.
Müller,
Jan-Dirk / Ziegeler, Hans-Joachim: Maximilians Ruhmeswerk. Künste und
Wissenschaften im Umkreis Kaiser Maximilians I., Berlin 2015.
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