Portrait Heinrichs VIII. von Hans Holbein d. J. (1536/7) (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/57/Holbein_henry8_full_length.jpg) |
Dieses Bild zeigt den schon fast legendären englischen König Heinrich VIII. (1491-1547) im Alter von ca. 45 Jahren. Bekannt wurde er unter anderem dafür, dass er die Reformation in England entscheidend vorantrieb, aber auch für seine insgesamt sechs Ehen, von denen zwei mit der Enthauptung seiner Gattinnen endeten. Während meistens Heinrich selbst im Fokus der Aufmerksamkeit steht, werden wir uns in unserer kurz!-Reihe mit seinen Ehefrauen beschäftigen. Im Mittelpunkt des dritten Teils dieser Reihe steht Jane Seymour (1509-1537), die Heinrich VIII. im Mai 1536 zu seiner dritten Ehefrau machte.
„She is of middle height, and nobody thinks she has much beauty. Her complexion is so whitish that she may be called rather pale.“ Mit diesen wenigen Worten beschrieb der spanische Botschafter Eustache Chapuys (1489-1556) im Mai 1536 und damit nur wenige Tage vor der Verlobung und Hochzeit mit dem englischen König Jane Seymour, die Tochter Sir John Seymours (1474-1536) und seiner Frau Margaret Wentworth (1478-1550), und brachte damit leicht höhnisch seine Verwunderung über ihren schnellen Aufstieg zur Ehefrau und Königin Englands zum Ausdruck.
Portrait Jane Seymours von Hans Holbein d. J. (1536) (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/68/Hans_Holbein_d._J._032b.jpg) |
Jane Seymour entstammte einer landadeligen Familie mit altehrwürdigem Stammbaum. Ihr Vater Sir John Seymour war bereits unter Heinrich VII. für seinen Einsatz in der Schlacht von Deptford Bridge (1497) zum Ritter geschlagen worden und stand ab 1513 als Bannerherr im Dienst der englischen Krone.
Über das frühe Leben Janes ist heute kaum etwas bekannt. Allerdings, so überliefert es etwa die zeitgenössische Chronik Charles Wriothesleys (1508-1562), war Jane „gentlewoman to Queene Katherin, and after to Anne Bolleine, late Queene, also“. Jane war also sowohl Hofdame unter Heinrichs erster Frau Katharina von Aragon als auch unter seiner zweiten Ehefrau Anne Boleyn und damit schon früh Teil des englischen Königshofes. Die Fragen wie und wann genau der englische König aber auf die junge Jane Seymour aufmerksam wurde, können heute nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden. Vermutlich entwickelte Heinrich VIII. zu Beginn des Jahres 1536 ernsthafte Gefühle für Jane Seymour, da er ihr zu ebendieser Zeit einen Brief mit einem großzügigen Geldgeschenk zusandte. Jane küsste darauf den Brief, ließ diesen jedoch ungeöffnet und beauftragte den damit betrauten Boten, dem König denselben wieder zu überreichen und zu übermitteln, „that she was a gentlewoman of good and honourable parents, without reproach, and that she had no greater riches in the world than her honour, which she would not injure for a thousand deaths, and that if he wished to make her some present in money she begged it might be when God enabled her to make some honourable match“. Jane Seymour ging also wie schon ihre Vorgängerin Anne Boleyn bei den ‚Werbungsversuchen’ des englischen Königs äußerst taktisch vor. Zusammengefasst drückte sie nämlich aus, dass sie nicht bereit sei, die Mätresse Heinrichs zu werden, sondern Geschenke erst als Ehefrau des Königs („honourable match“) annehmen zu wollen. Doch dieses taktische Vorgehen beruhte wohl nicht allein auf Jane Seymour selbst: Vor allem Gertrude Courtenay, Markgräfin von Exeter, und Sir Nicholas Carew, Rittmeister und Diplomat unter Heinrich VIII., sowie ihre beiden Brüder Eduard (1500-1552) und Thomas (1508-1549) waren als klare Gegner Anne Boleyns bemüht, diese zu beseitigen und nutzten Jane, um dieses Ziel zu erreichen und sie zur neuen Königin und Ehefrau Heinrichs zu machen. Das taktische Verhalten Janes auf die Annäherungsversuche Heinrichs war dabei vermutlich genau geplant. Schon der bereits angesprochene spanische Gesandte Chapuys beobachtete nämlich, dass sie von Angehörigen aus dem näheren Umfeld des Königs immer wieder genauestens über das weitere Vorgehen im Umgang mit Heinrich unterrichtet wurde, „that she must by no means comply with the King’s wishes except by way of marriage“.
Im April 1536 zog der englische Staatsmann und Gegner Anne Boleyns Thomas Cromwell (1485-1540) aus seinen Gemächern im York Palace, die mit denen Heinrichs direkt verbunden waren, aus und überließ diese Jane Seymour, um so die Treffen zwischen dem König und Jane zu erleichtern. Allerdings wohnten diesen Treffen immer Janes älterer Bruder Eduard und seine Frau Anne gleichsam als Aufsichtspersonen bei. Während dieser Zeit stand allerdings immer noch Anne Boleyn zwischen der Beziehung des englischen Königs zu Jane Seymour. Doch auch dies sollte sich in den folgenden Wochen mit den Untersuchungen und der Verurteilung Anne Boleyns wegen Hochverrats ändern.
Am 17. Mai 1536 wurde die Hochzeit zwischen Anne Boleyn und Heinrich VIII. vom Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer (1489-1556), offiziell für ungültig erklärt und nur zwei Tage später – am Tag der Hinrichtung Anne Boleyns – wurde vom Erzbischof ein Dispens für die Hochzeit zwischen Jane Seymour und König Heinrich ausgestellt, der aufgrund eines zu nahen Verwandtschaftsgrades obligatorisch war. Am 20. Mai 1536 fand im York Palace die Verlobung statt, von der die bereits zitierte Chronik Wriothesleys berichtet, dass diese heimlich („secreetlie“) zelebriert wurde. Die eigentliche Heirat erfolgte am 30. Mai 1536 in den Gemächern der Königin im York Palace, worauf am 4. Juni 1536 in Greenwich die Ausrufung – nicht die Krönung! – Janes zur Königin von England erfolgte.
Heinrich VIII. schien sehr glücklich über die Hochzeit mit Jane Seymour zu sein, da er sie in den Folgetagen nach der Heirat immer wieder in der Stadt als seine neue Ehefrau präsentierte. So etwa am 7. Juni 1536 während einer Fahrt von Greenwich nach Westminster auf der Themse, die von zahlreichen Musikanten begleitet und durch unzählige Banner prachtvoll inszeniert wurde.
Als Ehefrau zeigte sich Jane Seymour als Idealgestalt einer Frau des 16. Jahrhunderts, betrachtet aus dem Blickwinkel der Idealvorstellungen von (Ehe-)Frauen der Männer jener Zeit. Sie fiel immer wieder durch ihren ruhigen, gelassenen und demütigen bzw. sogar unterwürfigen Charakter gerade gegenüber ihres Mannes Heinrich auf. Wie sehr sie die idealen Vorstellungen einer (Ehe-)Frau der Zeit verinnerlicht hatte und welche Vorstellung Jane selbst von ihrer Position hatte, spiegelt auch ihr Lebensmotto „Bound to obey and serve“ (Zu Gehorsam und Dienst verpflichtet) wider. So mischte sie sich nur selten in die politischen Angelegenheiten ihres Mannes ein. Daneben war es Jane Seymour, die eine Versöhnung zwischen König Heinrich und seiner Tochter Maria, Tochter von Heinrich und Katharina von Aragon, herbeiführte, obgleich Maria im Juni 1536 gezwungen wurde, die eigene Illegitimität und damit auch die Illegitimität der Ehe zwischen Heinrich und Katharina anzuerkennen (2. Act of Succession). Wenngleich Jane auch hier immer wieder vehement versuchte, Heinrich von diesem Schritt abzubringen, konnte sie die Unterzeichnung des Sukzessionsakts durch Maria nicht aufhalten. Allerdings änderte sich danach, und das ist vor allem dem Tun Janes zu verdanken, das Verhältnis zwischen Maria und ihrem Vater: Maria traf nach mehr als fünf Jahren wieder auf ihn, bekam eigene Bedienstete, beste Kleider, großzügige Geldgeschenke und erhielt vom Vater das Versprechen, wieder am königlichen Hof residieren zu dürfen.
Im Herbst 1536 wurden Pläne aufgenommen, die Krönung Janes zur Königin von England zu zelebrieren. Allerdings mussten diese sowohl aufgrund von innenpolitischen Spannungen, als auch veranlasst durch die Tatsache, dass die Pest in England und London wütete, fallen gelassen und auf das Jahr 1537 verlegt werden.
Das Frühjahr des Jahres 1537 begann mit guten Nachrichten, da Jane zu Beginn des Jahres schwanger geworden war und die Schwangerschaft im März 1537 öffentlich bekanntgegeben wurde. Aufgrund dieser Botschaft wurde im Mai 1537 in St. Pauls ein Te Deum für die schwangere Königin und ihre Gesundheit zelebriert. Ende September 1537 bezog die Schwangere dann das Wöchnerinnenzimmer zu Hampton Court und nur wenige Tage später wurden erneut in St. Pauls Messen gelesen, um „for the Queen that was then in labour of child“ zu beten. Am 12. Oktober 1537 wurde der von Heinrich lang ersehnte männliche Thronfolger Eduard geboren.
Porträt Prinz Eduards von Hans Holbein d. J. (1539) (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d8/Edward_VI_by_Holbein.jpg) |
Es war die Königin selbst, die die Geburt ihres Sohnes traditionell mit vorgefertigten Rundschreiben verkünden ließ. So sei sie Mutter eines Prinzen geworden, „conceived in most lawful matrimony between my lord the King’s Majesty and us“. In ganz London wurde die Geburt des Thronfolgers gefeiert: Am Tower wurden 2.000 Salutschüsse abgefeuert, alle Kirchenglocken ganz Londons waren zu hören, Feuerwerke erhellten am Abend die Nacht und in der ganzen Stadt gab es freies Essen und freien Wein.
Am 15. Oktober fand die Taufe des Prinzen statt, an der auch seine beiden Halbschwestern Maria und Elisabeth sowie 400 weitere geladene Gäste teilnahmen. Maria trat als Patentante Eduards auf, während Elisabeth das Chrisam (Salböl) für die Messe trug. Jane selbst nahm aufgrund der vorangegangenen Geburt nicht an der Taufe teil. Während zunächst alles danach aussah, dass die Königin schnell gesunde und sich gut von der Geburt erhole, verschlechterten sich die Umstände schnell so dramatisch, dass Jane bereits am 23. Oktober 1537 die Letzte Ölung erhielt und am 24. Oktober 1537 – nur 12 Tage nach der Geburt ihres Sohnes – mit 28 Jahren ungekrönt (!) infolge des Kindbettfiebers und einer anschließenden Sepsis starb. Es gibt keine Hinweise darüber, ob Heinrich beim Tod Janes anwesend war. Nach Janes Tod wurde ihr Leichnam einbalsamiert und in einem Bleisarg nach Windsor überführt. Heinrich verblieb selbst bis zum 3. Februar 1538 in Trauerkleidung und ordnete auch für den Hof Trauer an. Immer wieder betonte er nach dem Tod Jane Seymours, dass er nach seinem eigenen Tod an der Seite seiner „most entirely beloved wife“ (aus einem Brief Heinrichs VIII. an den Herzog von Norfolk, 1537) beigesetzt werden wolle.
- Fraser, Antonia: The Six Wives of Henry VIII., London 1992.
- Panzer, Marita A.: Englands Königinnen. Von den Tudors zu den Windsors, Regensburg 2001.
- Starkey, David: Six Wives. The Queens of Henry VIII., London 2003.
Zum Weiterlesen:
- Erbe, Michael: Heinrich VIII., in: Peter Wende (Hg.): Englische Könige und Königinnen. Von Heinrich VII. bis Elisabeth II., München 1998, S. 30-47.- Fraser, Antonia: The Six Wives of Henry VIII., London 1992.
- Panzer, Marita A.: Englands Königinnen. Von den Tudors zu den Windsors, Regensburg 2001.
- Starkey, David: Six Wives. The Queens of Henry VIII., London 2003.
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