In der Mitte des
14. Jahrhunderts – genauer gesagt zwischen den Jahren 1347 bis 1350 – kam es in
Europa zu einem Massensterben von bis dahin unbekanntem Ausmaß. Während die
Menschen jener Zeit diese verheerende Katastrophe als 'großes Sterben' oder
'Pest' charakterisierten, waren es Chronisten des 16. Jahrhunderts aus
Skandinavien, die die tödliche Katastrophe jener Zeit als 'Schwarzen Tod'
bezeichneten. Diese Begrifflichkeit entstand nicht nur, weil damit das
Furchtbare und Schreckliche, was symbolisch mit der Farbe Schwarz verbunden
war, zum Ausdruck gebracht werden konnte, sondern auch, weil mit der Farbe ein
spezifisches Symptom der Krankheit – gemeint sind die nekrotisierenden
Entzündungen der Lymphknoten bei der Beulenpest – verbunden war. Die
Bezeichnung 'Pest', mit welcher Zeitgenossen die Pandemie bezeichneten, bezog
sich dabei weniger auf direkte Symptome des Massensterbens. Abgleitet vom
Lateinischen pestis (Seuche) war der Begriff 'Pest' nämlich kollektiv
für viele Krankheiten benutzt worden, die sich seuchenartig ausbreiteten.
In diesem
Artikel soll dargestellt werden, wie der 'Schwarze Tod' nach Europa kam, wie
die Zeitgenossen im 14. Jahrhundert die Seuche wahrnahmen und mit welchen
Möglichkeiten und Strategien versucht wurde, sich vor der Pest zu schützen.
Der Ursprung des
'Schwarzen Todes' kann in Asien in der Region des Balchaschsees angenommen
werden. Von dort aus verbreitete sich die Pest über die Seidenstraße und
gelangte ostwärts schnell nach Indien und China, westwärts 1346 in die Region
des Kaspischen und Schwarzen Meeres. Einen sehr verheerenden Ausbruch hatte die
Pest 1347 in der für den Handel im Schwarzmeerraum wichtigen Hafenstadt Caffa
(heute Feodossija). Diese Stadt wurde von den Tataren, eine Sammelbezeichnung
für verschiedene muslimische Turkvölker, belagert, als unter ihnen ein großes
Massensterben ausbrach. Während der Belagerung der Stadt schossen dann
Kriegsmaschinen der Tataren die Leichen der Seuchenopfer in die Hafenstadt,
wodurch der Seuchentod sich auch in Caffa ausbreitete. Mithilfe von
Handelsschiffen gelangte die Pest dann von dort nach Italien und verbreitete
sich über den gesamten europäischen Raum, sodass die Seuche 1348 auch die
deutschsprachigen Gebiete heimsuchte und im Sommer 1349 die Region am Oberrhein
erreichte.
Die Wahrnehmung
der Pest im 14. Jahrhundert und die Suche nach dem Auslöser des Massensterbens
gestalteten sich vielfältig. Ganz der antiken Medizin verpflichtet, griffen
einige mittelalterliche Ärzte auf die antike Säftelehre zurück. Der
Grundgedanke dieser Lehre war es, dass ein Ungleichgewicht der vier Säfte des
Menschen (Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim) zu Krankheiten führe.
Bei der Pest nahmen die zeitgenössischen Ärzte nun an, dass ein Übermaß an Blut
die inneren Organe befalle und somit die Pest auslöse. Daneben existierte auch
die sogenannte Miasmentheorie, die auch bis zu den Entdeckungen im 19.
Jahrhundert existierte. Hierbei wurde vermutet, dass die mit der Pest
verbundene Fäulnis durch ganz bestimmte Luft in den Körper des Menschen
gelange. So würden der Dunst von verendeten Tieren und fauligem Obst oder die
Ausdünstungen von Leichen die Luft mit Krankheitserregern verunreinigen. Durch
die Atmung, so wurde geschlussfolgert, komme die krankheitserregende Luft in
den Körper des Menschen und führe so zur Auslösung der Pest. Eine dritte
Theorie, die sich an der Miasmentheorie orientierte, stellte der italienische
Arzt Gentile da Foligno (1280/90-1348) auf. Gentile da Foligno ging ebenso von
einer verunreinigten Luft aus. Diese steige zum Himmel empor und schlage sich
bei einer bestimmten, ungünstigen Gestirnskonstellation auf die Erde nieder.
Wieder auf der Erde würden die Menschen dann die giftige Luft einatmen, welche
sich dann im menschlichen Körper zu einer giftigen Masse entwickle, die die
inneren Organe befalle. Der Mensch könne dann selbst über seinen Atem die
Krankheit weitergeben.
Mit
unterschiedlichsten Mitteln und Ratschlägen versuchte man sich im 14.
Jahrhundert vor der Pest zu schützen. Ärzte riefen vor allem gesunde Menschen
dazu auf, verseuchte Gebiete schnellstens zu verlassen und in diese auch erst
nach sehr langer Zeit zurückzukehren. Ferner wurde den Menschen geraten, die
Fenster der Häuser nur in Richtung Nordwind zu öffnen, da der Wind aus Norden
für gesund gehalten wurde. Daneben gab es Anweisungen von Ärzten, dass in den
Häusern durch das Verbrennen gutriechender Substanzen die Luft verbessert
werden sollte, um sich so prophylaktisch vor der 'krankheitserregenden Luft' zu
schützen. Zudem kursierten zahlreiche Rezepte für verschiedene Mittel, die
vorbeugend eingenommen werden sollten, um eine Infektion mit der Pest zu
verhindern. So versuchten Ärzte auch die Pest mit dem 'Allheilmittel' Theriak
zu bekämpfen. Aufgrund der Annahme eines Säfteungleichgewichtes durch ein
Übermaß an Blut, war es vor allem der Aderlass, mit dem die mittelalterlichen
Ärzte nach einer Infektion versuchten, Infizierte zu heilen.
Bei der Suche
nach dem Auslöser wurden gerade im Reichsgebiet die Juden für den Ausbruch der
Pest verantwortlich gemacht. Diese hätten Brunnen und das Trinkwasser vergiftet
und seien schuld am Massensterben der Bevölkerung. Nicht selten wurden Morde an
der jüdischen Bevölkerung begangen, schon bevor die Pest überhaupt die Städte
erreicht hatte. In vielen Städten des deutschsprachigen und nordfranzösischen
Raums kam es zu Judenpogromen, die Papst Clemens VI. (1290-1352) im Juni und
September 1348 zu zwei päpstlichen Bullen veranlassten. Diese stellten die Juden
unter den päpstlichen Schutz und drohten Verfolgern mit der Exkommunikation.
Das öffentliche
und gesellschaftliche Leben brach mit der Pest in den verseuchten Gebieten fast
vollständig zusammen: Ganze Landstriche wurden entvölkert, Geistliche weigerten
sich durch die große Gefahr, die die Krankheit barg, Sterbesakramente
abzunehmen und Ärzte verließen die Städte, um sich selbst vor der Pest zu
schützen, womit Erkrankte häufig ihrem eigenen Schicksal überlassen wurden.
Aufgrund der vielen Todesopfer brach auch der Handel und damit verbunden der
wirtschaftliche Verkehr vollständig zusammen.
Nach dem
Höhepunkt des 'Schwarzen Todes' wurden zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert
verschiedene Städte im Reich immer wieder von der Pest heimgesucht. Während die
Pest in Soest noch 37 Mal wüten sollte, wurden Münster und Dortmund noch 36 Mal
und etwa Köln noch 27 Mal mit der Seuche befallen. Im 15. Jahrhundert
entstanden deshalb regionale Strategien zur Bekämpfung der Pest: Es entstanden
so beispielsweise erste Einrichtungen für Seuchenkranke in Münster (1473) und
Köln (1494).
Insgesamt
kostete der 'Schwarze Tod' einem Drittel (ca. 8 Millionen Menschen) der
Bevölkerung Europas das Leben, während weltweit ungefähr 25 Millionen Menschen
dem 'Schwarzen Tod' zum Opfer fielen.
Literatur:
Jankrift, Kay Peter: Krankheit und Heilkunde im Mittelalter, Darmstadt 2003.
Literatur:
Jankrift, Kay Peter: Krankheit und Heilkunde im Mittelalter, Darmstadt 2003.
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