Zwischen 1562 und 1598
war es in Frankreich zu acht Kriegen gekommen, die heute als Hugenottenkriege
bekannt sind. Vereinfacht gesagt handelte es sich hierbei um eine Form von Bürgerkriegen
zwischen dem französischen katholischen Adel und den in Frankreich lebenden
Calvinisten – Protestanten, die sich an den Lehren des Reformators Johannes
Calvin (1509-1564) orientierten. Zwar spielten in den verschiedenen Kriegen
neben den religiösen Hintergründen durchaus auch dynastische und politische Faktoren
eine Rolle, jene sollen in diesem Artikel jedoch nicht von Bedeutung sein.
Vielmehr soll es im Folgenden um
das Dokument gehen, welches den achten und längsten Hugenottenkrieg (1585-1598)
schließlich beendete: das Edikt von Nantes (Édit
de Nantes). Am 13. April 1598 von König Heinrich IV. (1553-1610) in Nantes
unterzeichnet, regelte es bis zu seiner Widerrufung im Jahr 1685 das
Zusammenleben von Katholiken und Hugenotten (französischen Protestanten) und
sollte „die Einrichtung eines guten
Friedens“ schaffen.
Das Edikt von Nantes Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/59/Edit_de_nantes.jpg |
Zwar wurde durch das
Edikt von Nantes der Katholizismus als Staatsreligion fixiert, letztlich
gewährte es aber vor allem den Hugenotten durch mehrere rechtliche Bestimmungen
eine freiere Religionsausübung. Dabei ist es interessant zu erwähnen, dass Heinrich
IV. selbst erst 1572 unter Zwang und in Gefangenschaft vom Protestantismus zum
Katholizismus konvertiert war.
Das eigentliche Edikt
bestand hierbei aus 92 Artikeln, dazu kamen zwei Patentbriefe und 56 sogenannte
geheime Artikel, deren Inhalt einzig für bestimmte Orte galt. Mit dem Edikt
erhielten die Protestanten nun volle Bürgerrechte in Frankreich und ihnen wurde
religiöse Toleranz und Glaubensfreiheit zugesichert. Auch wurde es ihnen
erlaubt, ihre Religion beinahe überall in Frankreich frei auszuüben und
teilweise Gottesdienste in ihren Häusern zu veranstalten. Ausgenommen von
dieser Bestimmung waren nur der Großraum Paris sowie Städte, die als
Bischofssitze fungierten oder in denen sich königliche Schlösser befanden. Die
Geschehnisse der Kriege berücksichtigend, legte das Edikt auch fest, dass die
Protestanten die Städte, die sich bis 1597 in ihrem Besitz befunden hatten,
auch weiterhin als Sicherheitsplätze (places
de sûreté) nutzen durften und hier praktisch unter königlichem Schutz
standen und die Verwaltung übernahmen. Gleichzeitig allerdings wurde die
Ausübung der katholischen Religion, die ja jetzt Staatsreligion war, überall
dort wieder erlaubt, wo sie in den Kriegen verboten worden war. Während also
die Ausbreitung des Katholizismus gesetzlich begünstigt wurde, wurde die
Ausbreitung des Protestantismus vielmehr erschwert und beinahe auf bestimmte,
festgelegte Gebiete und Städte beschränkt.
Die protestantischen
Franzosen das Edikt vermehrt mit Zustimmung begrüßten, wurde es von
katholischen Geistlichen, den Mitgliedern des Parlaments und vor allem von
Papst Clemens VIII. (1536-1605) vehement abgelehnt und bekämpft und dies über
Jahrzehnte. Nicht zuletzt sahen sie in dem Edikt eine Gefährdung des
königlichen Absolutismus und des Fortbestands des französischen Staats.
Schließlich war es
König Ludwig XIV. (1638-1715), der das Edikt von Nantes mit dem Edikt von
Fontainebleau (Édit de Fontainebleau)
widerrief. Er verbot den Protestantismus und entzog seinen Anhängern in
Frankreich alle religiösen und bürgerlichen Rechte, die ihnen einst unter
seinem Großvater Heinrich IV. gewährt worden waren. Diese politische Kehrtwende
und die nun einsetzende religiöse Verfolgung der Protestanten hatte zur Folge,
dass Schätzungen zufolge Hundertausende Hugenotten das Land verließen und
vermehrt in die calvinistischen Gebiete der Niederlande, die Schweiz und nach
Preußen flohen. Gleichzeitig zog der Erlass dieses Edikts auch auf politischer
Ebene Folgen nach sich, da sich protestantisch geprägte Länder wie die Niederlande,
England und auch Preußen von Frankreich abwandten.
Das Edikt von Fontainebleau Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c5/R%C3%A9vocation_edit_de_nantes.jpg |
Nur wenige Tage nach
der Veröffentlichung des Edikts von Fontainebleau erließ daher Kurfürst
Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), der selbst calvinistischen
Glaubens war, am 29. Oktober das sogenannte Edikt von Potsdam. Dieses Edikt
erlaubte den geflohenen Hugenotten die sichere Ansiedlung in Brandenburg,
gewährte ihnen zahlreiche Privilegien und befreite sie unter anderem von der
Zahlung von Steuern und Zöllen.
Durch dieses kluge
Verhalten des Großen Kurfürsten ließen sich circa 20.000 Hugenotten in Brandenburg
nieder und allein in Berlin nahm die Bevölkerung durch ihren Zuzug beispielsweise
um ein Drittel zu. Ihre Rolle bei der Erstarkung Brandenburg-Preußens sowohl
auf wirtschaftlicher als auch auf geistiger Ebene kann gar nicht hoch genug geschätzt
werden. Gleichzeitig zog die Flucht vieler Adliger und angesehener Mitglieder
des Bürgertums eine Schwächung der französischen Gesellschaft nach sich. Der
deutsche Dichter Theodor Fontane (1819-1898) beispielsweise war ein Nachkomme
hugenottischer Flüchtlinge.
In Frankreich erfolgte
die Wiederherstellung der Religionsfreiheit und der Toleranz gegenüber
religiöser Minderheiten erst 1789 im Zuge der Erklärung der Menschen- und
Bürgerrechte und später in der Verfassung von 1791.
Literaturhinweise:
Duchhardt, Heinz (Hg.):
Der Exodus der Hugenotten. Die Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 als
europäisches Ereignis, Köln 1985.
Niggemann, Ulrich:
Hugenotten, Köln 2011.
Danke hat mir sehr geholfen!
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