Sonntag, 26. Oktober 2014

Das Edikt von Nantes und seine Folgen

Zwischen 1562 und 1598 war es in Frankreich zu acht Kriegen gekommen, die heute als Hugenottenkriege bekannt sind. Vereinfacht gesagt handelte es sich hierbei um eine Form von Bürgerkriegen zwischen dem französischen katholischen Adel und den in Frankreich lebenden Calvinisten – Protestanten, die sich an den Lehren des Reformators Johannes Calvin (1509-1564) orientierten. Zwar spielten in den verschiedenen Kriegen neben den religiösen Hintergründen durchaus auch dynastische und politische Faktoren eine Rolle, jene sollen in diesem Artikel jedoch nicht von Bedeutung sein.

Vielmehr soll es im Folgenden um das Dokument gehen, welches den achten und längsten Hugenottenkrieg (1585-1598) schließlich beendete: das Edikt von Nantes (Édit de Nantes). Am 13. April 1598 von König Heinrich IV. (1553-1610) in Nantes unterzeichnet, regelte es bis zu seiner Widerrufung im Jahr 1685 das Zusammenleben von Katholiken und Hugenotten (französischen Protestanten) und sollte „die Einrichtung eines guten Friedens“ schaffen. 

Das Edikt von Nantes

Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/59/Edit_de_nantes.jpg

Zwar wurde durch das Edikt von Nantes der Katholizismus als Staatsreligion fixiert, letztlich gewährte es aber vor allem den Hugenotten durch mehrere rechtliche Bestimmungen eine freiere Religionsausübung. Dabei ist es interessant zu erwähnen, dass Heinrich IV. selbst erst 1572 unter Zwang und in Gefangenschaft vom Protestantismus zum Katholizismus konvertiert war.

Das eigentliche Edikt bestand hierbei aus 92 Artikeln, dazu kamen zwei Patentbriefe und 56 sogenannte geheime Artikel, deren Inhalt einzig für bestimmte Orte galt. Mit dem Edikt erhielten die Protestanten nun volle Bürgerrechte in Frankreich und ihnen wurde religiöse Toleranz und Glaubensfreiheit zugesichert. Auch wurde es ihnen erlaubt, ihre Religion beinahe überall in Frankreich frei auszuüben und teilweise Gottesdienste in ihren Häusern zu veranstalten. Ausgenommen von dieser Bestimmung waren nur der Großraum Paris sowie Städte, die als Bischofssitze fungierten oder in denen sich königliche Schlösser befanden. Die Geschehnisse der Kriege berücksichtigend, legte das Edikt auch fest, dass die Protestanten die Städte, die sich bis 1597 in ihrem Besitz befunden hatten, auch weiterhin als Sicherheitsplätze (places de sûreté) nutzen durften und hier praktisch unter königlichem Schutz standen und die Verwaltung übernahmen. Gleichzeitig allerdings wurde die Ausübung der katholischen Religion, die ja jetzt Staatsreligion war, überall dort wieder erlaubt, wo sie in den Kriegen verboten worden war. Während also die Ausbreitung des Katholizismus gesetzlich begünstigt wurde, wurde die Ausbreitung des Protestantismus vielmehr erschwert und beinahe auf bestimmte, festgelegte Gebiete und Städte beschränkt.

Die protestantischen Franzosen das Edikt vermehrt mit Zustimmung begrüßten, wurde es von katholischen Geistlichen, den Mitgliedern des Parlaments und vor allem von Papst Clemens VIII. (1536-1605) vehement abgelehnt und bekämpft und dies über Jahrzehnte. Nicht zuletzt sahen sie in dem Edikt eine Gefährdung des königlichen Absolutismus und des Fortbestands des französischen Staats.

Schließlich war es König Ludwig XIV. (1638-1715), der das Edikt von Nantes mit dem Edikt von Fontainebleau (Édit de Fontainebleau) widerrief. Er verbot den Protestantismus und entzog seinen Anhängern in Frankreich alle religiösen und bürgerlichen Rechte, die ihnen einst unter seinem Großvater Heinrich IV. gewährt worden waren. Diese politische Kehrtwende und die nun einsetzende religiöse Verfolgung der Protestanten hatte zur Folge, dass Schätzungen zufolge Hundertausende Hugenotten das Land verließen und vermehrt in die calvinistischen Gebiete der Niederlande, die Schweiz und nach Preußen flohen. Gleichzeitig zog der Erlass dieses Edikts auch auf politischer Ebene Folgen nach sich, da sich protestantisch geprägte Länder wie die Niederlande, England und auch Preußen von Frankreich abwandten.

Das Edikt von Fontainebleau
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c5/R%C3%A9vocation_edit_de_nantes.jpg
Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des Edikts von Fontainebleau erließ daher Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), der selbst calvinistischen Glaubens war, am 29. Oktober das sogenannte Edikt von Potsdam. Dieses Edikt erlaubte den geflohenen Hugenotten die sichere Ansiedlung in Brandenburg, gewährte ihnen zahlreiche Privilegien und befreite sie unter anderem von der Zahlung von Steuern und Zöllen.

Durch dieses kluge Verhalten des Großen Kurfürsten ließen sich circa 20.000 Hugenotten in Brandenburg nieder und allein in Berlin nahm die Bevölkerung durch ihren Zuzug beispielsweise um ein Drittel zu. Ihre Rolle bei der Erstarkung Brandenburg-Preußens sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf geistiger Ebene kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Gleichzeitig zog die Flucht vieler Adliger und angesehener Mitglieder des Bürgertums eine Schwächung der französischen Gesellschaft nach sich. Der deutsche Dichter Theodor Fontane (1819-1898) beispielsweise war ein Nachkomme hugenottischer Flüchtlinge.

In Frankreich erfolgte die Wiederherstellung der Religionsfreiheit und der Toleranz gegenüber religiöser Minderheiten erst 1789 im Zuge der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und später in der Verfassung von 1791.

Literaturhinweise:
Duchhardt, Heinz (Hg.): Der Exodus der Hugenotten. Die Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 als europäisches Ereignis, Köln 1985.
Niggemann, Ulrich: Hugenotten, Köln 2011. 

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