Das
18. Jahrhundert war nicht nur das Jahrhundert der Aufklärung, sondern auch das
Jahrhundert der Geheimbünde. Der Illuminatenordnen, um den es heute bei uns
gehen soll, steht dabei besonders in Verbindung mit zahlreichen Gerüchten und
Legenden. Diese haben ihren Ursprung vor allem in der Thematisierung des Ordens
in Literatur und Film, beispielsweise im Roman Das Foucaultsche Pendel von Umberto Eco (1988) oder in Dan Browns Illuminati (2003), der 2009 überaus
erfolgreich verfilmt wurde. Unser neuer Artikel möchte sich jedoch weniger mit
den Verschwörungstheorien, die den Orden umranken, beschäftigen, sondern vielmehr
die Geschichte und Ziele der Geheimgesellschaft vorstellen.
Als
Vorgänger des Illuminatenordens gilt der am 1. Mai 1776 gegründete Bund der
Perfektibilisten, dessen Name bereits die weltverbessernden Ziele des Ordens
andeutet. Adam Weishaupt (1748-1830) – zu diesem Zeitpunkt Professor für
Kirchenrecht und praktische Philosophie in Ingolstadt – wollte sich mit dem
Orden einen Zufluchtsort im jesuitisch geprägten universitären Klima Ingolstadts
schaffen, dem er sich nicht zugehörig fühlte. Der Orden ähnelte zunächst einem
Lesezirkel, dessen Mitglieder – hauptsächlich Studenten von Weishaupt – im
geschützten Raum des Bundes antiklerikale Literatur lasen und die Inhalte der
Aufklärung diskutierten. Zu Beginn hatte der Orden kaum mehr als 20 Mitglieder
und war wenig einflussreich. Deshalb strebte Weishaupt 1778 eine Neuorganisation
der Gesellschaft an, in deren Verlauf man sich für eine Neubenennung entschied.
Zunächst nannten sich die Mitglieder Bund
der Illuminaten (von lat. illuminati,
die Erleuchteten), ab 1780 dann Illuminatenorden.
Zu diesem Zeitpunkt gehörten bereits 60 Mitglieder dem Kreis an.
Adam
Weishaupt
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d3/Adam_weishaupt.jpg
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Adolph
Freiherr von Knigge
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0d/Knigge_Freiherr.jpg
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Der Orden verstand sich als den Zielen der
Aufklärung verpflichtet und sein Handeln kann durchaus als politisch motiviert
verstanden werden. Es ging vor allem um die Erlangung von Freiheit, welche
durch Bildung und Sittlichkeit erreicht werden sollte. Das vom Orden
imaginierte „Sittenregiment“ sollte ohne Fürsten und kirchliche Institutionen
auskommen, vielmehr sollten die Menschen lernen, sich selbst zu beherrschen und
in Gleichheit und Freiheit zu leben. Der Weg zu einer herrschaftsfreien Welt
sollte dabei ohne die Ausübung von Gewalt beschritten werden. Vielmehr war es
das Ziel des Ordens, Schlüsselpositionen in den Regierungen heimlich mit
Ordensmitgliedern zu besetzen, damit diese an der friedlichen Abschaffung des
Absolutismus mitwirken konnten. Konkrete Handlungsanweisungen dazu finden sich
hingegen kaum in den Schriften des Ordens.
Ebenfalls
1780 konnte Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr von Knigge (1752-1796) für
den Orden geworben werden, wodurch ein erneuter Prozess der Reorganisation in
Gang gesetzt wurde und die Blütezeit des Ordens begann. Knigge setzte sich für
eine Umgestaltung der Ordensstruktur ein, die den zahlreich existierenden
Freimaurerlogen der Zeit ähneln sollte: Er erschuf verschiedene Ordensgrade mit
Initiationsriten, die mit der Übergabe bestimmter Ordensgeheimnisse einhergingen,
welche es um jeden Preis zu wahren galt. Des Weiteren erhielt jedes neue
Mitglied einen Geheimnamen – Weishaupt nannte sich beispielsweise Spartacus,
Knigge wurde zu Philo. Die Ordensnamen klammerten bewusst den Stand und den
Beruf ihrer Träger aus, um ein Gefühl der Gleichheit unter den Mitgliedern zu
schaffen. Die Hierarchie, die zwischen den einzelnen Graden bestand, wurde
dadurch jedoch keinesfalls aufgelöst. Vielmehr hatte jedes Mitglied bei
Aufnahme in die Gesellschaft „ewiges Stillschweigen in unverbrüchlicher Treue
und Gehorsam allen Oberen und den Satzungen des Ordens“ zu schwören. Weiterhin
erhielten die Mitglieder monatlich Texte, die es zu lesen und in einem zu
führenden Tagebuch zu reflektieren galt, das wiederum von einem höhergestellten
Mitglied kontrolliert wurde. Innerhalb des Ordens existierte also durchaus ein
System von Herrschaft, obwohl nach außen hin die Abschaffung aller
herrschaftlicher Strukturen gefordert wurde.
Die
Eule der Minerva al Symbol des Ordens, Deckblatt der Schrift von Adam
Weishaupt, 1788.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/16/Minerval_insignia.png
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Weishaupt
und Knigge bildeten dabei die Spitze des Ordens, die in Anlehnung an den
obersten Rat im antiken Griechenland Areopag
genannt wurde, und bestimmten maßgeblich jegliches Handeln der
Geheimgesellschaft. Die Zahl der Mitglieder wuchs zu dieser Zeit
kontinuierlich, da es den Illuminaten vor allem gelang, Freimaurer anzuwerben
und für ihre Ziele zu begeistern. In der Hochphase zu Beginn der 1780er Jahre
verfügte der Orden über mehr als 1200 Mitglieder sowohl im Reich, hier vor
allem in den Gebieten des heutigen Thüringen und Bayern, als auch teilweise im
Ausland.
Das
vor allem auf das Wirken Knigges zurückgehende Wachstum wurde von Weishaupt
jedoch schon bald nicht mehr nur positiv betrachtet. Er bemängelte eine
willkürliche Auswahl der Mitglieder ohne vorhergegangene Prüfung auf
Tauglichkeit für die Ziele des Ordens. Mittlerweile gehörten ranghohe Personen
des Reiches wie beispielsweise die Herzöge Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg
(1745-1804) und Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757-1828) dem Orden. In
Funktion eines Geheimen Rates des Letzteren war außerdem Johann Wolfgang von
Goethe (1749-1832) Mitglied geworden. Weishaupt zweifelte daran, ob er diesen
Mitgliedern vertrauen konnte oder ob sie vielmehr die Tätigkeiten der Geheimgesellschaft
beobachten, unterwandern und wenn nötig verbieten wollten. Knigge wiederum
fühlte sich für seine Leistungen nicht ausreichend wertgeschätzt und drohte in
Briefen mit dem Verrat des Ordens an die Freimaurer und die Professorenkollegen
Weishaupts. 1784 kam es schließlich zum Bruch zwischen Weishaupt und Knigge:
Ein extra einberufenes Schiedsgericht hatte die Bildung eines neuen Areopags gefordert, dem weder Knigge
noch Weishaupt angehören sollten. Knigge musste jedoch einsehen, dass der
Einfluss des Ordensgründers seinen eigenen dennoch stets überragen würde,
weshalb er die Illuminaten im Juli 1784 endgültig verließ.
In
der Zwischenzeit waren jedoch die internen Streitigkeiten zusehends nach außen
gedrungen und auch andere Geheimbünde hatten sich durch ihre Tätigkeiten und
Nähe zur Aufklärung verdächtig gemacht. Aus diesem Grund verbot der bayerische
Kurfürst Ende Juni 1784 alle „Communitäten, Gesellschaften und Verbindungen“. Ein
Jahr später wurden Illuminaten und Freimaurer explizit unter dem Vorwurf des
Landesverrats und der Religionsfeindlichkeit verboten. In der Folge des
erlassenen Edikts kam es zu Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und
Landesverweise für Mitglieder, die im Zuge der Untersuchungen enttarnt worden
waren. In diesem Zusammenhang wurden auch gefundene Ordensschriften
veröffentlicht, die unter anderem Giftrezepte beinhalteten und somit weiteren
Anlass zu Spekulationen über das geheimnisvolle Wirken des Ordens lieferten.
Auch Weishaupt geriet unter Verdacht ein Mitglied – nicht jedoch der
Ordensgründer – zu sein. Er verlor seine Professur und floh zunächst nach Regensburg
und später nach Gotha, wo er den Schutz des Herzogs genoss.
Der
Illuminatenorden unterbrach seine Arbeit zunächst und versuchte anschließend
heimlich weiterzuwirken, jedoch ohne großen Erfolg. Die Gesetzgebung gegen
Geheimgesellschaften wurde kontinuierlich verschärft und seit 1787 stand
beispielsweise der Versuch der Rekrutierung neuer Mitglieder unter Todesstrafe.
Seit 1790 galt der Orden offiziell als zerschlagen, inoffiziell gab es jedoch
auch weiterhin Gerüchte und Theorien über das Wirken des Ordens und die
Beteiligung an weltbewegenden Ereignissen wie der Französischen Revolution. Bis
heute halten sich Spekulationen, die Illuminaten seien nach wie vor im
Untergrund aktiv, würden die Abschaffung der katholischen Kirche planen und
letztlich die Übernahme der Weltherrschaft vorbereiten.
Zum
Weiterlesen:
Agethen,
Manfred: Geheimbund und Utopie. Illuminaten, Freimaurer und deutsche
Spätaufklärung, München 1987.
Gregory,
Stephan: Wissen und Geheimnis. Das Experiment des Illuminatenordens, Frankfurt
am Main 2009.
Reinalter,
Helmut (Hg.): Der Illuminatenorden (1776–1785/87). Ein politischer Geheimbund
der Aufklärungszeit, Frankfurt am Main 1997.
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