Dieses Bild zeigt die Aussöhnung Friedrich
I. Barbarossas (um 1122-1190) mit Papst Alexander III. (um 1100-1181) nach dem fast 20 Jahre andauernden sogenannten "Alexandrinischen Schisma", dessen Entstehung durch eine ganze Reihe von Konflikten zwischen Kaiser und Kurie begünstigt wurde. Friedrich I. Barbarossa ist wohl eine der bekanntesten Gestalten des
Mittelalters. Meist wird er als eine Art Lichtgestalt und Identitätsstifter in
der deutschen Geschichte dargestellt und seine Herrschaft als äußerst
erfolgreich nachgezeichnet. Dass es innerhalb seiner Regierung aber auch zu den oben bereits erwähnten heftigen Auseinandersetzungen mit dem
Papst und der römischen Kurie kam, die schließlich in einer
Kirchenspaltung endeten, wird dabei häufig übersehen. Weshalb sich die Fronten
zwischen Papst und Kaiser so dermaßen verhärteten, dass es 1159 zu einer doppelten Papstwahl kam, bei der sich die Wunschkandidaten der kaiserlichen und der kurialen Partei unversöhnlich gegenüberstanden, soll in dieser kurz!-Reihe
beleuchtet werden. Dabei soll immer wieder die Frage im Vordergrund stehen,
inwiefern den verschiedenen Konflikten möglicherweise eine Provokation zugrunde
lag und wann es sich schlicht um ein Missverständnis gehandelt haben könnte.
Beginnen wollen
wir diese Reihe mit einer Betrachtung des ersten persönlichen
Aufeinandertreffens Friedrich I. Barbarossas mit Papst Hadrian IV. (zwischen
1100 und 1120-1159) im italienischen Sutri. Dabei kam es im Rahmen der
rituellen Ausführung des sogenannten „Strator- und Marschalldienstes“, auf den
im Folgenden zunächst kurz eingegangen wird, zu einem ersten Eklat.
Nachdem
Friedrich I. Barbarossa im Jahre 1152 seinem Onkel Konrad III. (1093-1152) auf
dem römisch-deutschen Thron gefolgt war, strebte er anschließend auch die
Kaiserwürde an. Die Krönung zum Kaiser sollte traditionell in Rom vom Papst
durchgeführt werden. Dazu wurden im Vorfeld von Unterhändlern der päpstlichen
und königlichen Seite die Bedingungen für eine Reise Barbarossas nach Rom und
die dort geplante Krönung ausgehandelt. Im Spätherbst des Jahres 1154 erreichte
der König schließlich Italien. Noch vor seinem Eintreffen in Rom war auch ein
erstes persönliches Zusammentreffen mit Hadrian IV. in Sutri geplant. Derartige
Treffen waren immer mit einer hohen Symbolik behaftet und wurden von diversen
rituellen Handlungen begleitet, die bei im Vorfeld stattfindenden Verhandlungen
genau festgelegt worden waren. Darunter waren beispielsweise der Friedenskuss
als Zeichen der Eintracht und der Strator- und Marschalldienst als Ehrerbietung
des Königs für die Apostel, als deren Stellvertreter der Papst fungierte. Bei
letzterem Ritual sollte Friedrich I. Barbarossa das Pferd des heranreitenden
Hadrian IV. zunächst ein Stück am Zügel führen (officium stratoris) und anschließend beim Absteigen den Steigbügel
halten (officium marscalci). Diesen
Dienst erwiesen die deutschen Könige den Päpsten bereits seit fränkischer Zeit.
Trotz all der vorausgegangenen Gespräche und Planungen kam es bei dem
Aufeinandertreffen jedoch zum Komplikationen im Zusammenhang mit der Ausführung
des Strator- und Marschalldienstes.
Ausführliche
Berichte des ersten Treffens zwischen Papst und König finden sich beispielsweise
in Bosos Vita Hadrians IV. (1154-1178 entstanden, Teil des Liber Pontificalis) als auch in Helmold von Bosaus Slawenchronik
(geschrieben um 1167). Zwar stimmen die Berichte der beiden nicht bis ins
Detail überein, betrachtet man jedoch deren Schnittmenge, so kann man von
folgendem Hergang ausgehen: Der König empfing den Papst in seinem Lager, indem
er ihm entgegenkam. Dann führte er den zuvor vereinbarten Strator- und
Marschalldienst in für den Papst unbefriedigender Weise aus, woraufhin der
Papst ihm den Friedenskuss verweigerte und die beiden Parteien sich ohne dieses
Zeichen des Vertrauens und der Eintracht zunächst wieder trennten.
Betrachtet man die
Beschreibung des geleisteten Dienstes in den beiden oben genannten Quellen
genauer, so wird deutlich, dass Boso gar nicht genau darlegt, welches Problem
die päpstliche Seite mit der Ausführung des Strator- und Marschalldienstes
hatte. Er gibt lediglich an, Friedrich I. habe den Stratordienst nicht de more (der Sitte entsprechend) ausgeführt. Ausführlicher berichtet dagegen
Helmold von Bosau über die Gründe des Papstes, den Friedenskuss zu verweigern: Er sah die dem heiligen Petrus zustehende
Ehrerbietung als missachtet an, da der König den rechten Steigbügel hätte
halten sollen, aber den linken gehalten habe (beatus Petrus magis videtur inhonoratus; denique, cum dexteram deberet
tenere strepam, tenuit sinistram). Es scheint hier also nicht so, als habe Friedrich
I. Barbarossa den Stratordienst generell verweigert, sondern ihn viel eher
nicht zur Zufriedenheit des Papstes und der anwesenden Kardinäle ausgeführt.
Helmold liefert auch eine Rechtfertigung Barbarossas für die mangelhafte
Ausführung. So soll er unterwürfig zu bedenken gegeben haben, dass er bislang
wenig Übung darin gehabt habe, den Stratordienst auszuführen, da der Papst der
Erste sei, dem er diese Gefälligkeit geleistet habe. In der Forschung wurde in
diesem Zusammenhang oft von einer völligen Verweigerung des Dienstes durch
Friedrich I. Barbarossa ausgegangen. Als denkbarer Grund dafür wird oft
angeführt, dass dieser lehnrechtlich interpretiert werden könnte und so den
König quasi als Lehnsmann unter den Papst gestellt hätte. Fraglich ist hier
allerdings, weshalb Barbarossa der Ausführung dann zunächst zugestimmt hatte,
um sie dann in einer öffentlichen Situation schließlich doch zu verweigern und
so die Unstimmigkeiten zwischen den beiden Seiten offen zu Tage treten zu
lassen.
Der Fortgang der Begegnung zeigt auch, dass
Barbarossa durchaus bereit war, dem Papst Ehrerbietung zu erweisen, da er im
weiteren Verlauf des Treffens vor ihm niederkniete und ihm die Füße küsste.
Abgesehen davon hatte Friedrich I. Barbarossa eigentlich kein Interesse daran,
den Papst zu brüskieren, strebte er doch danach, von ihm die Kaiserkrone zu
erhalten. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass Friedrich I. Barbarossa den
Dienst verweigerte oder absichtlich ungenügend ausführte, sondern eher denkbar,
dass es sich um ein Versehen oder Missverständnis zwischen den beiden Seiten
handelte. Vorstellbar ist, dass in den Verhandlungen schlicht nicht alle
Details der Ausführung zur Genüge geklärt worden waren und so unterschiedliche
Ansichten darüber zum Eklat führten.
Nun forderte der
Papst eine erneute, korrekte Ausführung des Strator- und Marschalldienstes,
ohne die er nicht bereit war, Barbarossa den Friedenskuss zu geben. Eine
einfache Wiederholung des Dienstes nach der Aufforderung des Papstes und der
Kardinäle lehnte der König jedoch ab. Denkbar ist, dass er großen Wert darauf
legte, die Handlung freiwillig und nicht unter Zwang auszuführen, was eine
Gefahr für Rang und Ansehen des zukünftigen Kaisers bedeutet hätte. Nun wurden
zunächst ältere Große befragt, die bestätigten, dass auch Lothar III. einst den
Dienst für den Papst ausgeführt hatte. Zudem erfolgte von päpstlicher Seite die
Versicherung an Barbarossa, dass er den Dienst zu ehren der Apostel leiste und
nicht zu Ehren des Papstes. Erst dann kam es zu einem zweiten, diesmal für die
päpstliche Seite befriedigenden Versuch in dessen Folge Hadrian IV. Friedrich
I. Barbarossa auch den ursprünglich geplanten Friedenskuss gab. Damit hatten
die beiden Seiten ihre Einigkeit in einem von Ritualen durchzogenen Treffen
nach außen hin demonstriert und die Kaiserkrönung konnte erfolgen.
Wie bereits in
früheren Beiträgen dargestellt (z.B. zum Ritual des Sitzens), hatten symbolische und rituelle Handlungen im Mittelalter
einen hohen Stellenwert. Wenn (ob versehentlich oder als bewusste Provokation)
ein Detail nicht so war, wie es sein sollte, konnte dies die ganze Wirkung
beeinträchtigen, zu offenen Konflikten führen und Dissens deutlich zu Tage
treten lassen. Im Verhältnis von Friedrich I. Barbarossa zu Papst Hadrian IV.
und der römischen Kurie war dies nur der Anfang einer Reihe von
Auseinandersetzungen, von denen die wichtigsten in den folgenden Teilen dieser
kurz!-Reihe vorgestellt werden.
Zum Weiterlesen:
DEUTLINGER,
Roman, Sutri 1155: Mißverständnisse um ein Mißverständnis, in:
Deutsches Archiv für Erforschung des
Mittelalters 60 (2004), S. 97–134.
GÖRICH,
Knut, Friedrich Barbarossa, München 2011.
LAUDAGE,
Johannes, Friedrich Barbarossa: (1152-1190), Regensburg 2009.
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