Das
Aufkommen der Herolde war kein plötzliches Phänomen, welches
irgendwann einsetzte. Vielmehr kann man hier von einem langen
Entwicklungsweg sprechen, an dessen Ende das Amt des Herolds als
besonderer Kenner von Wappen stand. Die Amtsbezeichnung 'Herold' ist
dabei dem althochdeutschen Wort 'hariowalt' entlehnt, was so viel
bedeutete wie Heerverwalter oder eben jene Person, die die Symbole
der Geschlechter und Götter kannte. Über das Altfranzösische, in
welchem sich schon im 12. Jahrhundert mit 'hiraut' eine eigene Form
der Amtsbezeichnung gefestigt hatte, wurde dann im 14. Jahrhundert
der 'heralt' oder 'herolt' in den mittelhochdeutschen Sprachgebrauch
integriert, wenngleich im Ausland die Herolde des Heiligen Römischen
Reichs meist zu 'heraldus' lateinisiert wurden. Die Herolde waren es
also, die der Heraldik ihren Namen gaben.
Herolde
tauchten mit den ersten Wappen auf, auch wenn sie im 11. und 12.
Jahrhundert noch nicht unter der späteren Amtsbezeichnung
anzutreffen waren. Da die mittelalterliche Gesellschaft immer wieder
mit Kriegen und Fehden konfrontiert wurde und sich Kriegsteilnehmer
in Auseinandersetzungen immer durch Wappen identifizierbar machten,
brauchten Kriegsherren immer Personen an ihrer Seite, die die Sprache
der Wappensymbolik verstanden und Freund von Feind unterscheiden
konnten. Deshalb spaltete sich von den niederen Bediensteten und dem
fahrenden Volk eine kleine Gruppe von Personen ab, die sich darum
bemühte, die Farben und Formen der Wappen zu verstehen. Im 13.
Jahrhundert wurden diese Wappenkenner unter anderem 'garzune' bzw.
'knappen von den wâpen' genannt, wobei es sich hier um Vorformen der
späteren Bezeichnung 'Herold' handelt. Die Ablösung vom fahrenden
Volk fand im Heiligen Römischen Reich nur sehr langsam statt, denn
die Straßburger Stadtordnung nannte noch im Jahr 1405 „herolte,
trumpetern, pfiffern, orgelern, lutneslahern, gigern, sprechern [und]
sengern“ als zum fahrenden Volk gehörende Personen.
Nichtsdestotrotz begann im 14. Jahrhundert mehr und mehr die
Institutionalisierung der Herolde, die nun immer spezifischere
Aufgaben, die hauptsächlich mit der Turniertradition verbunden
waren, bekamen. Deshalb wird in der Forschung das Turnierwesen auch
als eigentlicher Ausgangspunkt der Entwicklung zum Herold angesehen.
Mit
dem Turnierwesen traten immer mehr Herolde in ein Dienstverhältnis
zu Fürsten, Bischöfen oder gar Städten, was eine starke
Integration dieser in das höfische Leben bedeutete. Spätestens im
Verlauf des 15. Jahrhundert war dann die Emanzipation der Herolde und
die vollständige Etablierung des Heroldswesens in der
Turniertradition abgeschlossen.
Auf
dem Schlachtfeld waren vor allem Kriegsherren auf den 'Herold'
angewiesen, weil nur dieser die Antwort auf die Freund-Feind-Frage
liefern konnte. Zudem verzeichnete der Herold in Listen körperliche
Merkmale der Ritter des eigenen Lagers, notierte Gefallene und
beobachtete das Kampfverhalten einzelner Ritter im Krieg. Der Herold
konnte dadurch gute Kämpfer lobend erwähnen, während schlechtere
vom Herold dem Kriegsherrn gemeldet wurden. Innerhalb kriegerischer
Auseinandersetzungen genoss der Herold Immunität und war auch für
die feindliche Gegenseite unantastbar, weswegen er, unter absoluter
Wahrheitspflicht, die Autorität hatte, Lösegeld- oder ähnliche
diplomatische Verhandlungen zu führen. Ebenso wichtig waren Herolde
bei Tauf- oder Begräbniszeremonien, da diese verzeichnet wurden und
der Herold somit sein Wissen über Familien, Geschlechter und Wappen
anreichern konnte.
Mit
der Turniertradition und der damit verbundenen Entwicklung der
Kriegsheraldik zur Turnierheraldik veränderte sich das
Aufgabengebiet der Herolde deutlich. Das Wissen über Wappen, was vor
allem durch die Beobachtungen in Kriegen und Fehden angereichert
worden war, war dabei grundlegend, damit Herolde für das Turnier
überhaupt erst zur Autorität werden konnten. Herolde waren im
Turnierwesen gleichsam die Zeremonienmeister, da sie sich um die
Durchführung, Planung und Vorbereitung der adligen Veranstaltungen,
wie etwa den Tjost, bemühten. Der Herold führte die Ahnenprobe
durch, bei welcher die adlige Abstammung einer Person anhand seines
Wappens und der Wappen seiner Vorfahren überprüft wurde. Ein Teil
dieser Ahnenprobe war auch die Helmschau, bei der die prächtig mit
den Wappen der Turnierteilnehmer gezierten Helme präsentiert wurden.
Bei dieser hatte der Herold die Macht darüber, entscheiden zu
können, wer am Turnier teilnehmen durfte und wer nicht, weil er das
Wissen von den Wappen hatte und diese auf ihre heraldische Echtheit
hin überprüfen konnte. Diese Entscheidungsgewalt zeigt, dass der
Schlüssel zur Zulassung zum Turnier und damit eben die individuelle
Standeszugehörigkeit einer Person in den Händen des Herolds lag.
Ein Ausschluss vom Turnier bedeutete dabei immer die Segregation aus
der adligen Gesellschaft für den Ritter und damit verbunden den
eigenen Ehr- und Ansehensverlust. Nach der Auswahl wurden von den
Herolden Turnierparteien mit den teilnehmenden Rittern aufgestellt
und die Turnierteilnehmer wurden auf das Reglement des Turniers hin
inspiziert. Der Herold war also auch derjenige, der regel- und
ehrenhaftes Verhalten überwachte. Und ebenso wie im Krieg war es
beim laufenden Turnier dann die Aufgabe, jeden Schlag des einzelnen
Teilnehmers zu protokollieren, um auch hier tugendhafte Ritter von
Feiglingen unterscheiden zu können. Nicht selten wurde auf die
Teilnehmer, die sich besonders tapfer gezeigt hatten, vom Herold eine
Lobeshymne gedichtet, während andere wegen fehlender
Tugendhaftigkeit getadelt wurden. Alle kämpferischen Leistungen
sowie die Wappen der Ritter wurden dann in Wappenbüchern
festgehalten, die heute noch in großer Zahl vorliegen.
Mit
der Institutionalisierung des Herolds entstanden auch eine
Amtshierarchie und eine Amtstracht. Insgesamt entwickelte sich eine
hierarchische Trias, die vom Persevanten über den Herold bis zum
Wappenkönig reichte. Der Persevant stand auf der untersten
Hierarchiestufe, war quasi Bewerber um das Amt des Herolds und musste
erst eine Ausbildung durchlaufen. Die nächste Hierarchiestufe nahm
der Herold ein, der die oben beschriebenen Aufgaben hatte, während
mit dem Wappenkönig die letzte Hierarchiestufe verbunden war. Dieser
hatte die Aufsicht über Herolde und Persevanten innerhalb seines
Wappenkönigreichs inne. Die Amtstracht, welche für alle
Hierarchiestufen gleich war, bestand aus einem Wappenrock, dem
sogenannten 'Tappert' und einem Heroldstab, der eine Art Zepter
symbolisierte.
Das
Wissen also, was sich die späteren 'Herolde' auf dem Kriegsfeld
angeeignet hatten, wurde mit der Turniertradition äußerst wichtig
für den Adel, weswegen das Turnierwesen hauptsächlich dazu beitrug,
dass sich Personen, die Wappen und deren Halter kannten, als Herolde
mit eigener Amtshierarchie und eigener Amtstracht, in der höfischen
Gesellschaft des Mittelalters etablieren konnten.
Wappenrock für den Herold des Kaisertums Österreich, um 1830 |
Wappenrock für den Herold des Königs von Böhmen, 17. Jahrhundert |
Wappenrock für den Herold des Römischen Kaisers, 1613 und 1719 |
Literatur:
- Bock, Nils: Herolde im Reich des späten Mittelalters. Forschungsstand und Perspektiven, in: Francia 37 (2010), S. 259-282.
- Hildebrandt, Matthias: Handbuch der Heraldik.
Wappenfibel, Neustadt an der Aisch 192002.
- Neubecker, Ottfried: Heraldik. Wappen – Ihr Ursprung,
Sinn und Wert, Augsburg 1990.
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