Portrait von Hans Holbein the Younger, 1542, https://commons.wikimedia.org/wiki/Henry_VIII_of_England?uselang=de#/media/File:Hans_Holbein_d._J._048.jpg |
Dieses Bild zeigt den schon fast legendären
englischen König Heinrich VIII. (1491-1547) im Jahr 1542. Bekannt wurde er
unter anderem dafür, dass er die Reformation in England entscheidend
vorantrieb, aber auch für seine insgesamt sechs Ehen, von denen zwei mit der
Enthauptung seiner Gattinnen endeten. Während meistens Heinrich selbst im Fokus
der Aufmerksamkeit steht, werden wir uns in unserer kurz!-Reihe mit seinen
Ehefrauen beschäftigen. Im Mittelpunkt des fünften Teils dieser Reihe steht Catherine
Howard (zwischen 1521 und 1525-1542), die Heinrich VIII. 1540 nach der
Scheidung von Anna von Kleve zu seiner fünften Ehefrau machte.
Vermutlich Catherine Howard, https://de.wikipedia.org/wiki/Catherine_Howard#/media/File:HowardCatherine02.jpeg |
Über Catherine Howards Leben, bevor sie zur Königin
von England wurde, ist deutlich weniger bekannt als über das ihrer
Vorgängerinnen. Sie entstammte der mächtigen Familie Howard und war eine
Cousine Anne Boleyns, Heinrichs VIII. zweiter Frau, deren Ehe mit ihrer Enthauptung
endete (siehe dazu den zweiten Teil unserer kurz!-Reihe). Catherines Eltern
waren Lord Edmund Howard und Joyce Culpeper und sie war wohl das jüngste von
zehn Kindern des Paares. Ihr Vater hatte kaum genug Geld, um seiner Familie ein
standesgemäßes Leben zu ermöglichen, wenngleich seine Frau einiges an Vermögen
in die Ehe eingebracht hatte. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde Catherine zur
Erziehung in den Haushalt ihrer Stiefgroßmutter, der Herzogin von Norfolk,
einer der reichsten, unabhängigsten und angesehensten Damen Englands, geschickt.
Dort lebte sie in einer Art Schlafsaal gemeinsam mit anderen jungen Mädchen des
englischen Adels und wurde unter anderem in höfischem Benehmen, musischen
Fähigkeiten, Konversation, Lesen und Schreiben unterrichtet.
Im Haushalt der Herzogin von Norfolk blühte Catherine
regelrecht auf. Zwar erhielten die Mädchen dort eine gewisse, der damaligen
Zeit entsprechende, Ausbildung, doch schien die moralische Unterweisung nicht
ganz den gängigen Ansprüchen zu genügen. So besuchten immer wieder Männer des
Nachts den Mädchenschlafsaal, was sehenden Auges von der Herzogin und den
Erzieherinnen geduldet wurde. Auch Catherine Howard unterhielt in dieser Zeit
(sie muss zwischen 11 und 15 Jahren alt gewesen sein) erste Beziehungen zu
Männern. Zunächst zu ihrem Musiklehrer Henry Manox, später mit dem niederen
Adligen Francis Dereham. Beide waren deutlich älter als sie. Mit letzterem soll
es auch zum Geschlechtsverkehr und einer Art Eheversprechen gekommen sein, was
einer Eheschließung der beiden quasi gleichkam.
1539 ging Catherine schließlich als Hofdame Annas
von Kleve (mehr über Heinrichs vierte Ehefrau könnt ihr an dieser Stelle
nachlesen) an den Königshof, wo sie zunächst eine Beziehung zu einem Höfling
namens Thomas Culpeper einging und sogar über eine bevorstehende Hochzeit
gemunkelt wurde. Schließlich wurde jedoch der König auf das junge Mädchen
aufmerksam. Heinrich VIII., enttäuscht von seiner gescheiterten Ehe mit Anna
von Kleve, verliebte sich sofort in die rund 30 Jahre jüngere Frau und
spätestens im Frühjahr 1540 unterhielten sie bereits eine Liebesbeziehung. Zum
Zeitpunkt der Hochzeit im Sommer 1540 war bereits von einer Schwangerschaft
Catherines die Rede, was sich jedoch nicht als wahr erwies. Sie schien die
perfekte Mischung aus der verführerischen Anne Boleyn und der eher
unterwürfigen Jane Seymour zu sein und so wählte sie als ihren Wahlspruch „Kein
anderer Wille als der seine“, womit natürlich der Wille Heinrichs VIII. gemeint
war. Sie sah es allergings weniger als ihre Aufgabe an, ihren kränkelnden, fettleibigen Gatten zu pflegen, sondern gab sich stattdessen lieber dem Hofleben hin. Der König blühte dennoch auf und überhäufte seine
junge Frau mit Geschenken, Aufmerksamkeiten und öffentlichen Liebesbekundungen.
Eine Krönung sollte jedoch erst bei ersten Anzeichen einer Schwangerschaft
erfolgen.
Sowohl mit ihrer Vorgängerin als auch mit Heinrichs
VIII. Kindern aus früheren Ehen wusste Catherine angemessen umzugehen. So
empfing sie Anna von Kleve, deren Hofdame sie ja einst gewesen war, bei Hof und
allen Beteiligten gelang es, größte Harmonie zu inszenieren. Auch im Umgang ihren
Stiefkindern bewies sie einiges Geschick. Als Mary, die Tochter Heinrichs VIII.
und Katharinas von Aragon, die sich ja vor allem in ihrem Verhältnis mit Anne
Boleyn als etwas schwierig erwiesen hatte und zudem mindestens vier Jahre älter
war als ihre neue Stiefmutter, Catherine zunächst nicht mit dem nötigen Respekt
begegnete, beschloss diese kurzerhand, ihr weniger Hofdamen zur Verfügung zu
stellen. Da lenkte Mary ein, zeigte in Zukunft ein angemesseneres Verhalten und
die beiden Frauen entwickelten ein einigermaßen herzliches Verhältnis,
wenngleich sie aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Charaktere nie richtige
Freundinnen wurden. Auch für ihre jüngere Stieftochter Elizabeth, die Tochter
Anne Boleyns, zeigte Catherine eine angemessene Fürsorge, indem sie ihr immer
wieder kleine Geschenke machte. Erstmals seit der Scheidung Heinrichs VIII. von
Katharina von Aragon gelang es ihr, dessen Verhältnis zu seinen Kindern, aber
auch das der Kinder untereinander, etwas zu normalisieren und den Schein
familiärer Einheit wiederherzustellen.
Catherine hatte als Königin einen durchaus positiven
Anfang erlebt, doch begann sie Fehler zu machen, die Feinde ihrer Familie auf
den Plan riefen. So ermöglichte sie denjenigen, die sie auf ihrem Weg zur Krone
unterstützt hatten, lukrative Stellungen bei Hof oder in der königlichen
Verwaltung. Unter ihnen war auch ihr ehemaliger Liebhaber aus Jugendtagen,
Francis Dereham, was natürlich Gerüchte aufkommen ließ, die beiden unterhielten
nach wie vor eine Liebesbeziehung. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Catherine
sich wieder dem Höfling Thomas Culpeper zugewandt hatte. Von einer Rundreise in
den Norden des Reiches im Sommer 1541 wurde schließlich berichtet, dass des Nachts
immer wieder lange Licht in den Räumlichkeiten der Königin gebrannt hätte und
beobachtet wurde, wie jemand anders als der König zu ihr kam.
Dies blieb natürlich auch den Feinden ihrer Familie
nicht verborgen und sie begannen, Nachforschungen über die Vergangenheit
Catherines anzustellen. Die Ergebnisse legte Thomas Cranmer, der Erzbischof von
Canterbury, dem König schließlich in einem Schreiben vor. Auch der Vorwurf der
Untreue wurde laut. Heinrich VIII. schenkte den Anschuldigungen zunächst keinen
Glauben, stimmte aber weiteren Untersuchungen zu. Betroffene und Zeugen wurden
befragt, darunter Catherines Zimmergenossinnen aus dem Haushalt der Herzogin
von Norfolk. Diese wussten detailreich Auskunft über Catherines recht aktives
Liebesleben zu dieser Zeit zu geben. Heinrich war am Boden zerstört, als er
hörte, dass die Anschuldigungen gegen seine Frau wohl nicht aus der Luft
gegriffen waren und er verließ Anfang November den Hof. Catherine sollte er nie
wieder sehen. Diese wurde unterdessen mit den Vorwürfen konfrontiert, leugnete
zunächst alles, gab ihren Widerstand jedoch in Anbetracht der erdrückenden
Beweislage schließlich auf. Sie flehte um des Königs Gnade, indem sie auf ihre
jugendliche Schwäche und die trickreichen Methoden der jungen Männer verwies,
brach dann aber völlig zusammen, sodass Cranmer, der sie befragt hatte, dem
König berichtete: „I found her in such a
lamentation and heaviness as I never saw no creature, so that it would have
pitied any man’s heart to have looked upon her.“ (Zitiert nach: Six Wives,
S. 672).
Am 12. November wurde Catherine schließlich
verhaftet und in Syon unter Arrest gestellt. Ihre Gegner waren jedoch darauf
versessen, ihr neben vorehelichen Affären auch noch die Untreue innerhalb der
Ehe mit Heinrich VIII. nachzuweisen, was gleichbedeutend mit Hochverrat war.
Zunächst wurde Francis Dereham befragt, der jedoch, um seine eigene Unschuld zu
bekräftigen, Thomas Culpeper bezichtigte, ein Verhältnis mit der Königin gehabt
zu haben, während diese bereits verheiratet war. Als Catherine dahingehend
befragt wurde, gestand sie ein, Culpeper zu Unterredungen empfangen und ihm
kleine Geschenke gemacht zu haben. Dies reichte ihren Gegnern aus, um sie wegen
Hochverrat anzuklagen, obwohl sowohl sie als auch ihr angeblicher Liebhaber
vehement abstritten, miteinander Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Belastet
wurde die Königin außerdem durch eine ihrer Vertrauten, Lady Jane Rochford.
Diese war die Witwe von George Boleyn, Catherines Cousin und dem Bruder Anne
Boleyns, und hatte auch bei der Verurteilung der beiden eine entscheidende
Rolle als Zeugin gespielt.
Doch nicht nur Catherine wurde angeklagt, sondern
auch ihre beiden Liebhaber Francis Dereham und Thomas Culpeper. Sie wurden
bereits im November wegen Hochverrats verurteilt. Während Culpeper enthauptet
wurde, brachte man Dereham zur Hinrichtungsstätte nach Tyburn, wo er gehängt,
kastriert, ausgeweidet, enthauptet und gevierteilt wurde, die übliche Strafe
für Hochverräter. Auch die Familie und weitere Vertraute Catherines, unter
ihnen auch Lady Rochford, wurden festgenommen und in den Tower gebracht, weil
sie Catherines Verrat verschwiegen hatten, obwohl sie davon Kenntnis hatten.
Mitte Februar wurde schließlich auch Catherine
selbst von Syon in den Tower gebracht und erhielt am 12. Februar 1542 die
Nachricht über ihre bevorstehende Hinrichtung. Daraufhin äußerte sie noch den
Wunsch, man möge ihr den Block bringen, auf dem sie hingerichtet werde, damit
sie üben könne, ihren Kopf bestmöglich darauf zu legen. Dies wurde ihr gewährt.
Am kommenden Tag verlor Catherine Howard ihren Kopf,
nachdem sie angeblich folgende letzte Worte gesprochen haben soll: „Ich sterbe
als Königin, aber ich würde lieber als Frau von Culpeper sterben. Gott sei
meiner Seele gnädig. Liebe Leute, ich bitte euch, betet für mich.“ Direkt nach
ihr trat auch Lady Jane Rochford, einstige Vertraute der Königin und
entscheidendes Puzzlestück im Prozess gegen George und Anne Boleyn aber auch gegen
Catherine Howard selbst, auf das Schafott und wurde hingerichtet.
Zum Weiterlesen:
Panzer, Marita A.: Englands Königinnen. Von den Tudors zu den Windsors, Regensburg 2001.
Starkey, David: Six Wives. The Queens of Henry VIII., London 2003.
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