Heinrich
VIII. als junger Mann (um 1509),
https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_VIII._%28England%29#/media/File:Henry_VIII_%28reigned_1509-1547%29_by_English_School.jpg
Dieses Bild zeigt den schon fast legendären englischen König
Heinrich VIII. (1491-1547) im Alter von etwa 18 Jahren. Bekannt wurde er unter
anderem dafür, dass er die Reformation in England entscheidend vorantrieb, aber
auch für seine insgesamt sechs Ehen, von denen zwei mit der Enthauptung seiner
Gattinnen endeten. Während meistens Heinrich selbst im Fokus der Aufmerksamkeit
steht, werden wir uns in unserer neuen kurz!-Reihe mit seinen Ehefrauen
beschäftigen. Im ersten Teil der Reihe wird es deshalb um seine erste und
langjährigste Ehefrau Katharina von Aragon (1485-1536) gehen.
Katharina von
Aragon, Porträt von Michael Sittow, https://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_von_Aragon#/media/File:Michel_Sittow_002.jpg
Katharina wurde 1485 als Tochter von Ferdinand von Aragon und
Isabella von Kastilien geboren. Sie war das jüngste von fünf Kindern des Paares,
die die Kindheit überlebten. Bereits 1489 wurde ihre Ehe mit dem gerade
zweijährigen englischen Thronfolger Arthur (1486-1502) vereinbart, die ein
Bündnis zwischen England und Spanien besiegeln sollte. Als „Nesthäkchen“ der
Familie wuchs Katharina überwiegend bei ihrer Mutter auf, erhielt aber, ebenso
wie ihre Schwestern, eine beinahe identische Erziehung wie ihr Bruder, der spanische
Thronfolger. Nachdem sich ihre Reise nach England aufgrund der politischen
Situation, ihres Gesundheitszustands und des Wetters immer wieder verzögert
hatte, erreichte Katharina schließlich im Oktober 1500 Plymouth, wo sie von der
Stadtbevölkerung begeistert empfangen wurde. Dort traf sie auch zum ersten Mal
auf ihren zukünftigen Schwiegervater, König Heinrich VII. (1457-1509) und ihren
Verlobten Arthur. Die Hochzeit selbst fand im November statt und bald danach
kehrten Katharina und ihr Ehemann zu dessen Herrschaftsgebiet nach Wales
zurück. Jahre später berichtete einer von Arthurs Dienern, dass dieser in der
Zeit nach der Hochzeit häufig die Gemächer seiner Frau aufgesucht hatte, man
also davon ausgehen kann, dass die Ehe vollzogen worden und damit rechtskräftig
war. Gut ein halbes Jahr nach der Eheschließung, um Ostern 1502, erkrankte
Arthur vermutlich an einem Lungenleiden oder einer schweren Grippe und starb
eine Woche später im Alter von nur 16 Jahren.
Zunächst hoffte man, Katharina wäre bereits schwanger von
Arthur (man ging also davon aus, dass die Ehe vollzogen worden sei) und dass es
somit bald einen Thronfolger geben würde, doch diese Hoffnungen erfüllten sich
nicht. Damit rückte der zweite Sohn des englischen Königs, der gerade
elfjährige Heinrich, an die erste Stelle der Thronfolge. Durch den frühen Tod
ihres ersten Ehemannes und die nicht eingetretene Schwangerschaft hatte
Katharina nun einen unsicheren Status in England inne. Während ihre Eltern
versuchten, sie nach Spanien zurückzuholen, nutzte Heinrich VII. in erneuten
Verhandlungen mit Spanien den Vorteil aus, dass er eine spanische Prinzessin in
seiner Gewalt hatte. Katharina wurde zum Druckmittel und Spielball im Ringen um
Macht und Zugeständnisse. Teil der Gespräche zwischen den beiden Ländern war
wiederum eine Heirat mit dem neuen englischen Thronfolger Heinrich. Durch ihre
erste Ehe war Katharina jedoch in den Kreis seiner direkten Verwandten eingetreten,
weshalb für eine Hochzeit eine päpstliche Erlaubnis notwendig war, da Ehen zwischen
nahen Verwandten eigentlich verboten waren. Zudem wurde sowohl Katharinas
Eltern als auch dem englischen Königspaar versichert, dass sie noch Jungfrau
sei, was im Widerspruch dazu stand, dass man nach Arthurs Tod noch auf eine
Schwangerschaft gehofft hatte. Später sollte die Frage nach ihrer
Jungfräulichkeit entscheidend werden. So wurde der junge Heinrich zunächst mit
der Witwe seines verstorbenen Bruders verlobt.
Die folgenden Jahre verbrachte sie dennoch in großer
Unsicherheit über ihre Stellung und Zukunft in England, einem ihr fremden Land,
dessen Sprache und Gepflogenheiten sie nur schlecht beherrschte. Man kann sich
unschwer vorstellen, wie schwer es für die junge Witwe gewesen sein muss, sich
in dieser Situation zurecht zu finden. Hinzu kam, dass Heinrich VII. zunehmend
am Nutzen der Verbindung mit Spanien zweifelte und die Verlobung des jungen
Heinrich mit der spanischen Prinzessin 1505 zunächst aufgelöst wurde. Die
Zeiten der Unsicherheit für Katharina endeten erst mit dem Tod Heinrichs VII.
im Jahre 1509. Schnell stand für seinen Sohn, der nun König Heinrich VIII. war,
fest, dass er die Ehe mit der sechs Jahre älteren Prinzessin eingehen wollte.
David Starkey, der eine ausführliche Studie zu den Ehefrauen Heinrichs VIII.
vorgelegt hat, vermutet, dass der junge König diesen Schritt zum einen ging,
weil er dadurch zeigen wollte, dass er trotz seiner Jugend (er war gerade 18
Jahre alt) wie ein Erwachsener lebte und freie Entscheidungen traf. Zum anderen
wollte er Katharinas Vater Ferdinand als Verbündeten im Konflikt mit Frankreich
behalten. Doch nicht nur politische Erwägungen sondern auch Katharinas
Attraktivität dürfte eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben (Starkey,
David, Six Wives, S. 112).
Bald nach der Hochzeit im Herbst 1509 wurde die erste
Schwangerschaft der neuen Königin von England bekanntgegeben, die jedoch schon
im Januar 1510 mit einer Fehlgeburt endete, der in den folgenden Monaten eine
Art Scheinschwangerschaft folgte. Bald darauf wurde Katharina jedoch erneut
schwanger. Die letzten Wochen vor der Geburt verbrachte sie, wie zu dieser Zeit
üblich, in einem verschlossenen, abgedunkelten Raum liegend. Neujahr 1511 gebar
sie den ersehnten Thronfolger. Die Freude darüber war so groß, dass Heinrich
VIII. verfügte, dass Wein aus Londons Brunnen fließen und Salutschüsse zu Ehren
des Babys abgefeuert werden sollten. Sie währte jedoch nicht lang: Bereits
wenige Tage nach der Geburt starb der junge Prinz.
Nach diesen Enttäuschungen stürzte sich Heinrich VIII. im
Rahmen der Italienischen Kriege (mehrere Kriege, die zwischen 1494 und 1559
stattfanden) in eine Auseinandersetzung
mit Frankreich und auch Katharina konnte sich für den Feldzug begeistern und
trieb vor allem die Vergrößerung der englischen Flotte voran. Sie war insofern
eine Schlüsselfigur der Ereignisse, da sie die anglo-spanische Allianz
zusammenhielt. Dennoch saß sie ständig zwischen den Stühlen. Zunächst lenkte
sie ihren jungen Ehemann eher im Sinne ihres Vaters, begann jedoch zunehmend,
im Interesse ihres Mannes zu handeln und nahm eine wichtige Stellung im
diplomatischen Austausch mit Spanien ein. Während Heinrich in Frankreich
weilte, regierte Katharina für einige Monate an seiner Stelle in England und es
gelang ihr, einen schottischen Einfall von Norden her erfolgreich abzuwenden.
Zur gleichen Zeit feierte auch ihr Mann in Frankreich militärische Siege. Der
Krieg erwies sich für beide als großer Erfolg und die Popularität der Spanierin
in England wuchs.
Auf die Triumphe des Krieges folgten harte Zeiten für
Katharina: Sie erlitt erneut eine Fehlgeburt und es kam zum Bruch zwischen
ihrem Gatten und ihrem Vater. Ihr Mann ließ seinen Ärger über die spanischen
Verbündeten immer wieder an ihr aus. England nahm Friedensverhandlungen mit
Frankreich auf, die durch eine Ehe zwischen Heinrichs VIII. Schwester und dem
französischen König Ludwig XII. (1462-1515) besiegelt werden sollten. Durch das
Ende des Bündnisses zwischen Spanien und England war Katharinas Ehe quasi die
Grundlage entzogen worden, sodass ihre Position zunehmend unsicherer wurde.
Eine weitere Schwangerschaft der Königin endete mit einer Frühgeburt. Bessere
Zeiten kamen erst, als der Schulterschluss zwischen Frankreich und England
auseinanderbrach und sie 1515 erneut schwanger wurde. Diesmal verlief die
Schwangerschaft ohne größere Komplikationen und Katharina gebar eine gesunde
Tochter, die nach Heinrichs VIII. Schwester Maria benannt wurde. Jedoch
handelte es sich dabei nicht um den lange ersehnten Thronfolger und eine
erneute Schwangerschaft ließ weitere zwei Jahre auf sich warten. Wieder bekamen
Heinrich VIII. und Katharina ein Mädchen, das nur wenige Tage nach der Geburt
verstarb.
Der König verlor zunehmend das Interesse an seiner alternden
Gattin, die von sieben Schwangerschaften in neun Jahren, den zahlreichen
Fehlgeburten und frühen Toden ihrer Kinder inzwischen deutlich gezeichnet war
und ihre optische Attraktivität eingebüßt hatte. Katharina selbst wandte sich
in dieser Zeit zunehmend der Bildung und Religion zu, kümmerte sich um die
Erziehung ihrer einzigen Tochter Maria, zog sich mehr und mehr zurück und
begann, sich wieder stärker auf ihre spanische Herkunft zu besinnen. Das
einzige, was die Eheleute tatsächlich noch zusammenhielt, war ihre gemeinsame
Tochter. Ungebrochen war jedoch Katharinas Popularität beim einfachen
englischen Volk, die noch einmal gesteigert wurde, als sie sich für die
Begnadigung von rund 400 Lehrlingen einsetzte, die 1517 in London einen
Aufstand angezettelt hatten.
Währenddessen war auf dem europäischen Festland Katharinas
Neffe Karl V. (1500-1558) auf den römisch-deutschen Thron gewählt worden, was
ihr erneut politisches Gewicht verlieh. Es wurde eine Ehe zwischen ihm und der
kleinen Maria vereinbart, die zu diesem Zeitpunkt gerade sechs Jahre alt war,
um das anglo-spanische Bündnis zu erneuern. Nachdem sich jedoch eine im Herbst
1523 begonnene englische Invasion in Frankreich zu einem Debakel entwickelte,
zerbrach es wieder, die Verlobung wurde aufgelöst und Katharina zunehmend
isoliert. Heinrich dämmerte immer mehr, dass Katharina ihm wohl keinen
Thronerben mehr schenken würde und bald hatte er den Grund dafür ausgemacht: Er
war, entgegen biblischer Gesetze, die Ehe mit der Witwe seines Bruders
eingegangen („Wer mit der Frau seines
Bruders schläft, entehrt seinen Bruder und tut etwas Schändliches. Er und die
Frau werden keine Nachkommen haben.“, 2. Mose 20,21). Doch nicht nur Katharinas
Kinderlosigkeit und die politische Situation waren eine ernsthafte Bedrohung
für ihre Ehe, auch eine andere Frau war in den Fokus von Heinrichs VIII.
Aufmerksamkeit gerückt: Anne Boleyn, eine ehemalige Hofdame Katharinas. Diese
war nicht Willens, dem Werben des Königs nachzugeben, nur um eine seiner
Mätressen zu werden. Vielmehr verfolgte sie ein höheres Ziel: Sie wollte die
Königin an der Seite Heinrichs VIII. werden. Und auch Heinrich sehnte sich nach
einer jüngeren Frau, die ihm vielleicht doch noch einen legitimen Erben
schenken würde. Doch dazu musste er sich zunächst seiner bisherigen Ehefrau
Katharina entledigen. Wie er dabei vorging und wer Anne Boleyn war, erfahrt ihr
im zweiten Teil unserer kurz!-Reihe über die Ehefrauen Heinrichs VIII.
Zum Weiterlesen:
Starkey, David, Six Wives. The Queens of Henry VIII, 2004 London.
Zum Weiterlesen:
Starkey, David, Six Wives. The Queens of Henry VIII, 2004 London.
Wunderbar, ihr berichtet über einen meiner Lieblingsmonarchen, davon kann ich nicht genug lesen! Freu mich schon auf Anne Boleyn =)
AntwortenLöschenHallo Bernsteinhexe,
Löschenes freut uns, dass dir der Artikel gefallen hat! Dann solltest du auf keinen Fall die nächsten Teile unserer kurz!-Reihe verpassen :-)
Liebe Grüße