Seit 1595/1597 existierte im
Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Kaiserliche Reichspost, die seit
ihrer Gründung durch Kaiser Rudolf II. (1552-1612) ununterbrochen bis zu ihrer
Auflösung im Jahre 1806 von Mitgliedern der Familie Taxis von Brüssel aus betrieben
wurde. Aus der langen Reihe von Generalpostmeistern nimmt dieser Artikel eine
ganz besondere Person in den Blick: Alexandrine von Taxis, die einzige
weibliche Generalpostmeisterin in der Geschichte der Kaiserlichen Reichspost
oder wie sie von dem Historiker Wolfgang Behringer bezeichnet wurde, die
„Managerin der Reichspost zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges“.
Porträt
von Alexandrine von Taxis auf einem Reiter- oder Hochzeitsteppich von 1646
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/02/Alexandrine_von_Taxis.jpg/800px-Alexandrine_von_Taxis.jpg
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Alexandrine wurde um 1589 als Alexandrine de Rye, Comtesse de Varax, geboren. Über ihr genaues Geburtsdatum und ihre Kindheit ist nichts bekannt. Aus den wenigen vorhandenen Quellen zu ihrem Leben geht einzig hervor, dass sie am 1. August 1589 in Brüssel getauft wurde. Sie war die Tochter des Grafen Philibert Bar de Balançon, Comte de Varax, und seiner Frau Claudine de Tournon-Roussillon. Im Jahr 1616 heiratete Alexandrine Leonhard II. von Taxis (1597-1628). Dessen Vater, Lamoral von Taxis (1557-1624), war zu dieser Zeit amtierender Generalpostmeister und Leonhard als sein ältester lebender Sohn designierter Nachfolger für dieses Amt, welches er nach dem Tod des Vaters 1624 auch übernahm. Aus der Ehe Alexandrines mit Leonhard gingen zwei Kinder hervor, die 1618 geborene Tochter Genoveva sowie der 1621 geborene Sohn Lamoral Claudius Franz. Im Jahr 1628 hielt sich die Familie am kaiserlichen Hof Ferdinands II. (1578-1637) in Prag auf, als Leonhard plötzlich schwer erkrankte. Er verstarb am 23. Mai 1628. In seinem Testament, welches er kurz vor seinem Tod noch aufgesetzt hatte, übertrug er die Vormundschaft über die beiden noch minderjährigen Kinder seiner Frau Alexandrine, vorausgesetzt, dass sie keine weitere Ehe eingehe. Dieser letzte Wille Leonhards wurde im August desselben Jahres von Kaiser Ferdinand bestätigt, wodurch Alexandrine nicht nur offiziell die Vormundschaft über ihre beiden Kinder erhielt, sondern auch zur Generalpostmeisterin ernannt wurde. Dieses Amt sollte sie stellvertretend bis zur Volljährigkeit, die damals im Alter von 25 erlangt wurde, ihres Sohnes ausüben. Darüber hinaus schloss sich auch der spanische König Philipp IV. (1605-1665) den Handlungen Ferdinands an, indem er Alexandrine noch im selben Monat zur Generalpostmeisterin der Spanischen Niederlande machte, deren Hauptstadt wiederum Brüssel war.
Alexandrine
erwies sich in ihrer neuen Position zunächst als überaus geschickt und klug agierend.
Es gelang ihr, das Gebiet, welches die Kaiserliche Reichspost abdeckte, zu erweitern,
indem sie beispielsweise 1630 Posten der österreichischen Hofpost, die sich für
diese als nicht gewinnbringend erwiesen hatten, der Kaiserlichen Reichspost
eingliedern konnte. Auch ließ sie die Postrouten zur nordfranzösischen
Hafenstadt Calais ausbauen, wodurch der Postverkehr nach England erleichtert
wurde. Kurze Zeit später jedoch schien sich das Blatt für sie zu wenden, als
Schweden 1630 unter König Gustav Adolf (1594-1632) in den bereits tobenden Dreißigjährigen
Krieg eintrat. Die kriegerischen Erfolge und Eroberungen der schwedischen Armee
führten dazu, dass die Kaiserliche Reichspost einerseits zahlreiche Postkurse
aufgeben musste. Andererseits verlor sie die Kontrolle über äußerst wichtige
Postämter wie beispielsweise Frankfurt am Main, Leipzig, Nürnberg, Augsburg und
Rheinhausen, wo die Postroute Innsbruck-Brüssel mit der Rheinhäuser Fähre stets
den Rhein überquert hatte. Diese Ereignisse hatten zur Folge, dass Alexandrine
vom Kaiser persönlich abgemahnt wurde, die Quellen sprechen in diesem
Zusammenhang vom Vorwurf des Unfleißes, da die Post durch die Schwierigkeiten
mit den oben genannten Postämtern nur noch mit großen Verzögerungen zugestellt
werden konnte. Alexandrine setzte sich gegen die in ihren Augen nicht gerechtfertigten
Vorwürfe zur Wehr und teilte dem Kaiser in der Folge mit, dass die Verzögerungen
durch die Geschehnisse des Krieges zustande gekommen seien: Zum Beispiel sei
der Postmeister von Rheinhausen von Soldaten seiner Pferde und seines
Felleisens, einem Vorläufer des Postsacks, beraubt worden. In diesem
Zusammenhang machte sie gleichzeitig den Vorschlag, die Postrouten zu verändern
und durch sicherere Gebiete verlaufen zu lassen, auch wenn dies Umwege und
folglich erneute Verzögerungen bedeutete. Ihren Vorschlägen wurde dennoch 1632
zugestimmt. Während ihrer Amtszeit als Generalpostmeisterin hatten jedoch die wenigsten
Postrouten lange Bestand und sie waren häufig Veränderungen und Umleitungen ausgesetzt,
ausgelöst durch die Entwicklungen im Kriegsgeschehen. Um die Aufrechterhaltung
der Kommunikationswege zu gewährleisten, war somit häufig ein schnelles Handeln
und Umdenken Alexandrines erforderlich.
Mit
dem Tod König Gustav Adolfs 1632 auf dem Schlachtfeld und dem Sieg der
kaiserlich-habsburgischen Truppen über die Schweden im September 1634
verbesserte sich auch die Situation der Kaiserlichen Reichspost wieder und
somit die Stellung der Generalpostmeisterin. Mit Ausnahme von Leipzig konnten
bis 1636 alle zuvor verloren gegangenen Postämter zurückerobert und die Routen
wieder auf ihre alten Wege zurückgeführt werden. In den nächsten Jahren konnte
Alexandrine dann weitere Erfolge für sich, ihre Familie und die Kaiserliche
Reichspost erzielen: Ferdinand III. (1608-1657), der 1637 als Kaiser auf
Ferdinand II. nachfolgte, bestätigte sie in ihrem Amt als Generalpostmeisterin
und ging darüber hinaus soweit, auch ihrer Tochter die Möglichkeit auf das Amt
einzuräumen, sollte ihr Bruder frühzeitig versterben. 1640 gelang ihr die
Etablierung des Postamtes in Roermond, womit sie das Netz der Kaiserlichen
Reichspost noch einmal erweitern konnte. Auf die Entwicklungen des
Dreißigjährigen Krieges, unter anderem nach dem Kriegseintritt Frankreichs
1635, reagierte sie stets mit klugen Routenveränderungen, die ein sicheres Fortbestehen
der Postzustellung gewährleisteten und die Vormachtstellung der Kaiserlichen Reichspost
gegen aufkommende Konkurrenten stärkte.
Ein
weiteres Anliegen ihrerseits war der gesellschaftliche Aufstieg der Familie
Taxis. Zwar war die Familie bürgerlicher Herkunft bereits 1624 in den
Reichsgrafenstand erhoben worden, ein weiterer Aufstieg war ihr bislang jedoch
verwehrt geblieben. Sie beauftragte Genealogen damit, eine mögliche adelige
Abstammung der Familie nachzuweisen. Diese fanden in der Folge Hinweise, dass
die Familie dem italienischen Geschlecht der Torriani oder della Torre (vom Turm)
entstammen könnte, welches im 14. Jahrhundert im Raum der Lombardei geherrscht
hatte. Nun ging Alexandrine so weit, dass sie 1645 einen Mann namens Julius
Chifletius damit beauftragte, jene Erkenntnisse schriftlich zu fixieren. Die
Schrift Les Marques d’honneur de la
maison de Tassis (d. h. Taxis) ging aus diesen Bestrebungen hervor, die in
ihrer Gesamtheit 1650 schließlich dazu führten, dass die Familie sich mit
kaiserlicher Genehmigung nun von „Thurn, Valsassina und Taxis“ nennen durfte und
in den Fürstenstand erhoben wurde. Alexandrines Sohn Lamoral kürzte diesen
Namen dann auf „Thurn und Taxis“.
Als sich Mitte der 1640er Jahre
langsam ein Friedensschluss der am Dreißigjährigen Krieg beteiligten Parteien
abzeichnete, richtete Alexandrine sowohl Postkurse nach Münster und Osnabrück,
den Orten des 1648 geschlossenen Westfälischen Friedens, als auch zwischen den
beiden Orten ein. Ab 1645 bestand zudem eine Route zwischen Münster und Linz,
die dabei auch Frankfurt am Main und Nürnberg erreichte sowie eine Route
Münster-Brüssel, beides Routen, die explizit vom Kaiser gefordert worden waren.
Zu
dieser Zeit wurde Alexandrine bereits tatkräftig von ihrem nun volljährigen
Sohn unterstützt, den sie schon früh auf seine zukünftigen Aufgaben vorbereitet
hatte. Dieser wurde schließlich am 11. September 1646 von Ferdinand III.
offiziell als neuer Generalpostmeister bestätigt. Mit diesem Schritt trat Alexandrine
wieder in den Schatten, in dem sie schon einmal bis zum plötzlichen Tod ihres
Mannes gestanden hatte. In den überlieferten Quellen der Zeit findet sich
nichts über ihr weiteres Schicksal. Nur ihr Todesdatum ist bekannt, sie starb am 26. Dezember 1666.
Zum
Weiterlesen:
Behringer,
Wolfgang: Thurn und Taxis. Die Geschichte ihrer Post und ihrer Unternehmen, München
u. Zürich 1990.
Behringer,
Wolfgang: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der
Frühen Neuzeit, (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte; 189),
Göttingen 2002.
Burkhardt,
Johannes / Werkstetter Christine (Hgg.): Kommunikation und Medien in der Frühen
Neuzeit, München 2005. Darin vor allem: Behringer, Wolfgang: Von der Gutenberg-Galaxis
zur Taxis-Galaxis. Die Kommunikationsrevolution – ein Konzept zum besseren Verständnis
der Frühen Neuzeit, S. 39-56.
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