Folterung
einer der Hexerei Verdächtigten, Holzschnitt, unbekannter Künstler, um 1590.
Wie ihr bereits im Artikel
über den Hexenhammer erfahren
konntet, kam es besonders zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert im deutschen
Raum zu zahlreichen Hexenverfolgungen. Heute soll es darum gehen, die Stationen
einer solchen nachzuzeichnen. Gleich zu Beginn gilt es hier jedoch darauf zu
verweisen, dass es nicht die eine Hexenverfolgung gab. Jeder Hexenprozess
stellte einen Einzelfall dar und unterschied sich hinsichtlich verschiedenster
Aspekte von seinen Vorgängern und seinen Nachfolgern. In jeder Region, wenn
nicht gar auf lokaler Ebene, wurde eine unterschiedliche Prozessführung
verfolgt: Frauen wurden unterschiedlich behandelt als Männer, alte Angeklagte
anders als junge, es spielte eine Rolle von wem die Angeklagten der Hexerei
beschuldigt und vor Gericht gebracht worden waren und letztlich gestaltete sich
ein Prozess danach, welches Vergehen den Beschuldigten genau zur Last gelegt
wurde.
Den Ausgangspunkt für
eine Hexenverfolgung bildete in den meisten Fällen die direkte Denunziation
einer Person durch eine andere. Solche Denunziationen häuften sich besonders in
Krisenzeiten beispielsweise wenn die Ernte schlecht gewesen war und die
Bevölkerung zu verarmen drohte. In Zeiten der Unsicherheit und in den zumeist
stark von Aberglauben geprägten ländlichen Regionen begann dann die Suche nach
einem „Sündenbock“, der für die missliche Situation verantwortlich gemacht
werden konnte. Hier wurden Hexen und Hexer für alle schädlichen Begebenheiten
und solche, die „unnatürlich“ erschienen, verantwortlich gemacht und ihre
Bestrafung gefordert. Nicht selten kam es vor, dass ganze Gemeinden Anklage
gegen eine bestimmte Person erhoben. Waren es in der ersten großen Welle der
Hexenprozesse, die um 1590 einsetzte, vor allem alte und arme Frauen (die
Forschung spricht hier vom Klischee der Märchenhexe), die vor Gericht gebracht
wurden, wurden am Ende des 17. Jahrhunderts vor allem Personen angeklagt, die
häufig nicht älter als 25 Jahre und größtenteils männlich waren.
War nun also eine
Denunziation öffentlich gemacht und Anklage erhoben worden, ging es
anschließend, während des Hexenprozesses, um die Bestätigung oder die Aufhebung
des Hexereivorwurfes. Es wäre falsch, zu glauben, auch wenn dieses Bild häufig vermittelt wird, dass alle
vermeintlichen Hexen und Hexer letztlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt
worden sind. Es gilt deutlich zu machen, dass jeder Prozess nur mit
dem Geständnis der oder des Angeklagten enden durfte. Dies stellte deshalb ein
schwieriges Unterfangen dar, da es im Allgemeinen unmöglich war, stichhaltige
Beweise für den Hexereivorwurf zu finden, gerade in Bezug auf Vorwürfe wie die
der Tierverwandlung oder der Kontakte zum Teufel.
Aus diesem Grund stand
zu Beginn des Verfahrens zunächst das Verhör der Belasteten, die sogenannte
gütliche Befragung. Diese erfolgte keineswegs willkürlich, sondern orientierte
sich an ausgearbeiteten Fragekatalogen, die eine Vielzahl von Fragen
enthielten. So weist ein Fragenkatalog aus dem Jahr 1590 insgesamt 93 Fragen
auf, die sich auf 12 Bereiche verteilen. Während dieser Verhöre wurden nicht
nur die Antworten, sondern auch noch einmal die gestellten Fragen akribisch
protokolliert. Diese Verhörprotokolle sind deshalb eine höchstspannende Quelle,
da sie auch zahlreiche Informationen über die Angeklagten und deren Herkunft
und Leben an sich beinhalten.
Da diese Art der
Befragung jedoch letztlich häufig ergebnislos verliefen, da die Angeklagten
schlicht nichts zu gestehen hatten, wurde in einer Vielzahl der Prozesse schließlich
im Rahmen der sogenannten peinlichen Befragung auf die Tortur zurückgegriffen,
welche jedoch, wie in der Reichsgesetzgebung eindeutig festgeschrieben, erst zur
Anwendung kommen durfte, wenn ausreichend Verdachtsmomente vorlagen. Auch
enthielt die Reichsgesetzgebung einige Vorschriften, die einen Missbrauch der
Folter ausschließen sollte. Darüber hinaus wurde sie auch in anderen Delikten
nicht nur eingesetzt, um die Schuld nachzuweisen, sondern ihr wurde auch die
Fähigkeit zugesprochen, die Verdächtigten vom Verdacht zu reinigen (purgatio). Um diese Vorschriften zu
umgehen, wurde Hexerei zu einem crimen
exceptum erklärt, für das dann ungefähr seit Beginn des 17. Jahrhunderts andere
Regeln galten. So durfte die Tortur von Beginn des Verhörs an ausgeübt und auch
wiederholt werden. Die hiermit geschaffene Grenzenlosigkeit in der Anwendung
spiegelt sich auch in der Vielzahl der zur Anwendung gekommenen und immer
weiterentwickelten Foltermethoden wider: Bein- und Daumenschrauben, die
sogenannten Hexenproben, das Beträufeln der Angeklagten mit brennendem Pech
oder die Verbrennung mit Fackeln, Schlaf- sowie Nahrungsentzug, das Baden in
Säure oder auch das Brechen von Knochen und das Auskugeln von Gelenken. Nicht
wenige Angeklagte starben im Verlauf oder an den Folgen dieser Methoden und die
Kritiker der Tortur machten schon früh deutlich, dass die Wahrheitsfindung hier
ad absurdum geführt werde.
Ein um 1600
entstandener Bericht eines unbekannten Verfassers aus dem heutigen Landkreis
Ortenau schilderte dann auch drastisch die Folgen der Tortur für die
Beschuldigten: „Da sieht der Pöbel, die Hexen und Zauberer auf der
Schinderkarre zur Richtstätte geführt; oft sind alle Gliedmaßen von den
Torturen zerrissen, die Brüste zerfetzt; der Einen hängt ein Arm auseinander,
einem Anderen ist das Knie gebrochen […]; sie können nicht mehr gehen und stehen,
denn die Beine sind zerquetscht; werden dann angebunden an den Brandpfahl,
heulen und jammern ob aller der erlittenen Martern […].“
Was diese Quelle
bereits andeutet, wurde für die meisten dann nach der Tortur zur Realität. Nur
die wenigsten hielten der Folter stand, die meisten legten letztlich ein
Geständnis der Hexerei ab und erwarteten körperlich und seelisch gebrochen ihr
Urteil. Durch die Peinliche Halsgerichtsordnung (1532) Kaiser Karls V., die Verbrennung
als Strafe für Zauberei vorsah, wurden tatsächlich eine Vielzahl von
Angeklagten letztlich lebendig oder nach zuvor erfolgter Erwürgung öffentlich
auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Es konnten jedoch auch andere Strafen bestimmt
werden, wie beispielsweise die Vertreibung aus der Region. Im heutigen
Gedächtnis ist es jedoch aufgrund seiner Grausamkeit und seiner Aussagekraft
und Wirkung stets der Tod auf dem Scheiterhaufen, der mit den Hexenverfolgungen
in Verbindung gebracht wird. Anna Schnidenwind ist vermutlich das letzte Opfer
dieser Form der Hinrichtung in Deutschland. Sie wurde 1751 als angebliche Hexe
zunächst erdrosselt und dann verbrannt.
Zum Weiterlesen:
Behringer, Wolfgang: Hexen und Hexenprozesse in
Deutschland, 7. Auflage, München 2010.
"So weist ein Fragenkatalog aus dem Jahr 1590 insgesamt 93 Fragen auf, die sich auf 12 Bereiche verteilen." Wo kann man diesen Katalog finden?
AntwortenLöschenHallo, ich habe den abgedruckten Katalog in Behringer, Wolfgang: Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, 7. Auflage, München 2010, S. 280-285 gefunden. Online ist er unter andrem hier zu finden, auch zitiert nach Behringer: https://m.facebook.com/KelheimD/posts/325466137639016
AntwortenLöschenViele Grüße