Sonntag, 29. Juni 2014

Die Stationen einer Hexenverfolgung

 Folterung einer der Hexerei Verdächtigten, Holzschnitt, unbekannter Künstler, um 1590.

Wie ihr bereits im Artikel über den Hexenhammer erfahren konntet, kam es besonders zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert im deutschen Raum zu zahlreichen Hexenverfolgungen. Heute soll es darum gehen, die Stationen einer solchen nachzuzeichnen. Gleich zu Beginn gilt es hier jedoch darauf zu verweisen, dass es nicht die eine Hexenverfolgung gab. Jeder Hexenprozess stellte einen Einzelfall dar und unterschied sich hinsichtlich verschiedenster Aspekte von seinen Vorgängern und seinen Nachfolgern. In jeder Region, wenn nicht gar auf lokaler Ebene, wurde eine unterschiedliche Prozessführung verfolgt: Frauen wurden unterschiedlich behandelt als Männer, alte Angeklagte anders als junge, es spielte eine Rolle von wem die Angeklagten der Hexerei beschuldigt und vor Gericht gebracht worden waren und letztlich gestaltete sich ein Prozess danach, welches Vergehen den Beschuldigten genau zur Last gelegt wurde.

Den Ausgangspunkt für eine Hexenverfolgung bildete in den meisten Fällen die direkte Denunziation einer Person durch eine andere. Solche Denunziationen häuften sich besonders in Krisenzeiten beispielsweise wenn die Ernte schlecht gewesen war und die Bevölkerung zu verarmen drohte. In Zeiten der Unsicherheit und in den zumeist stark von Aberglauben geprägten ländlichen Regionen begann dann die Suche nach einem „Sündenbock“, der für die missliche Situation verantwortlich gemacht werden konnte. Hier wurden Hexen und Hexer für alle schädlichen Begebenheiten und solche, die „unnatürlich“ erschienen, verantwortlich gemacht und ihre Bestrafung gefordert. Nicht selten kam es vor, dass ganze Gemeinden Anklage gegen eine bestimmte Person erhoben. Waren es in der ersten großen Welle der Hexenprozesse, die um 1590 einsetzte, vor allem alte und arme Frauen (die Forschung spricht hier vom Klischee der Märchenhexe), die vor Gericht gebracht wurden, wurden am Ende des 17. Jahrhunderts vor allem Personen angeklagt, die häufig nicht älter als 25 Jahre und größtenteils männlich waren.

War nun also eine Denunziation öffentlich gemacht und Anklage erhoben worden, ging es anschließend, während des Hexenprozesses, um die Bestätigung oder die Aufhebung des Hexereivorwurfes. Es wäre falsch, zu glauben, auch wenn dieses Bild häufig vermittelt wird, dass alle vermeintlichen Hexen und Hexer letztlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sind. Es gilt deutlich zu machen, dass jeder Prozess nur mit dem Geständnis der oder des Angeklagten enden durfte. Dies stellte deshalb ein schwieriges Unterfangen dar, da es im Allgemeinen unmöglich war, stichhaltige Beweise für den Hexereivorwurf zu finden, gerade in Bezug auf Vorwürfe wie die der Tierverwandlung oder der Kontakte zum Teufel.

Aus diesem Grund stand zu Beginn des Verfahrens zunächst das Verhör der Belasteten, die sogenannte gütliche Befragung. Diese erfolgte keineswegs willkürlich, sondern orientierte sich an ausgearbeiteten Fragekatalogen, die eine Vielzahl von Fragen enthielten. So weist ein Fragenkatalog aus dem Jahr 1590 insgesamt 93 Fragen auf, die sich auf 12 Bereiche verteilen. Während dieser Verhöre wurden nicht nur die Antworten, sondern auch noch einmal die gestellten Fragen akribisch protokolliert. Diese Verhörprotokolle sind deshalb eine höchstspannende Quelle, da sie auch zahlreiche Informationen über die Angeklagten und deren Herkunft und Leben an sich beinhalten.  

Da diese Art der Befragung jedoch letztlich häufig ergebnislos verliefen, da die Angeklagten schlicht nichts zu gestehen hatten, wurde in einer Vielzahl der Prozesse schließlich im Rahmen der sogenannten peinlichen Befragung auf die Tortur zurückgegriffen, welche jedoch, wie in der Reichsgesetzgebung eindeutig festgeschrieben, erst zur Anwendung kommen durfte, wenn ausreichend Verdachtsmomente vorlagen. Auch enthielt die Reichsgesetzgebung einige Vorschriften, die einen Missbrauch der Folter ausschließen sollte. Darüber hinaus wurde sie auch in anderen Delikten nicht nur eingesetzt, um die Schuld nachzuweisen, sondern ihr wurde auch die Fähigkeit zugesprochen, die Verdächtigten vom Verdacht zu reinigen (purgatio). Um diese Vorschriften zu umgehen, wurde Hexerei zu einem crimen exceptum erklärt, für das dann ungefähr seit Beginn des 17. Jahrhunderts andere Regeln galten. So durfte die Tortur von Beginn des Verhörs an ausgeübt und auch wiederholt werden. Die hiermit geschaffene Grenzenlosigkeit in der Anwendung spiegelt sich auch in der Vielzahl der zur Anwendung gekommenen und immer weiterentwickelten Foltermethoden wider: Bein- und Daumenschrauben, die sogenannten Hexenproben, das Beträufeln der Angeklagten mit brennendem Pech oder die Verbrennung mit Fackeln, Schlaf- sowie Nahrungsentzug, das Baden in Säure oder auch das Brechen von Knochen und das Auskugeln von Gelenken. Nicht wenige Angeklagte starben im Verlauf oder an den Folgen dieser Methoden und die Kritiker der Tortur machten schon früh deutlich, dass die Wahrheitsfindung hier ad absurdum geführt werde.

Ein um 1600 entstandener Bericht eines unbekannten Verfassers aus dem heutigen Landkreis Ortenau schilderte dann auch drastisch die Folgen der Tortur für die Beschuldigten: „Da sieht der Pöbel, die Hexen und Zauberer auf der Schinderkarre zur Richtstätte geführt; oft sind alle Gliedmaßen von den Torturen zerrissen, die Brüste zerfetzt; der Einen hängt ein Arm auseinander, einem Anderen ist das Knie gebrochen […]; sie können nicht mehr gehen und stehen, denn die Beine sind zerquetscht; werden dann angebunden an den Brandpfahl, heulen und jammern ob aller der erlittenen Martern […].“

Was diese Quelle bereits andeutet, wurde für die meisten dann nach der Tortur zur Realität. Nur die wenigsten hielten der Folter stand, die meisten legten letztlich ein Geständnis der Hexerei ab und erwarteten körperlich und seelisch gebrochen ihr Urteil. Durch die Peinliche Halsgerichtsordnung (1532) Kaiser Karls V., die Verbrennung als Strafe für Zauberei vorsah, wurden tatsächlich eine Vielzahl von Angeklagten letztlich lebendig oder nach zuvor erfolgter Erwürgung öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Es konnten jedoch auch andere Strafen bestimmt werden, wie beispielsweise die Vertreibung aus der Region. Im heutigen Gedächtnis ist es jedoch aufgrund seiner Grausamkeit und seiner Aussagekraft und Wirkung stets der Tod auf dem Scheiterhaufen, der mit den Hexenverfolgungen in Verbindung gebracht wird. Anna Schnidenwind ist vermutlich das letzte Opfer dieser Form der Hinrichtung in Deutschland. Sie wurde 1751 als angebliche Hexe zunächst erdrosselt und dann verbrannt.

Zum Weiterlesen:
Behringer, Wolfgang: Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, 7. Auflage, München 2010.

2 Kommentare:

  1. "So weist ein Fragenkatalog aus dem Jahr 1590 insgesamt 93 Fragen auf, die sich auf 12 Bereiche verteilen." Wo kann man diesen Katalog finden?

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  2. Hallo, ich habe den abgedruckten Katalog in Behringer, Wolfgang: Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, 7. Auflage, München 2010, S. 280-285 gefunden. Online ist er unter andrem hier zu finden, auch zitiert nach Behringer: https://m.facebook.com/KelheimD/posts/325466137639016

    Viele Grüße

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