Nam
scripsit monachorum regulam discretione praecipuam, sermone
luculentam. Mit diesen Worten hat schon Papst Gregor der Große
(540-604) in den Dialogi de vita et
miraculis patrum Italicorum,
welche Viten und Wundertaten von italienischen Heiligen beinhalten,
die Benediktinerregel gewürdigt, die zwischen 540 und 550 von
Benedikt von Nursia verfasst worden war. Diese, so der Papst, zeichne
sich nicht nur durch ihre große Weisheit, sondern auch durch die
besondere Klarheit der Worte aus. Was ist nun die Benediktinerregel
und was veranlasste Benedikt von Nursia, diese zu verfassen?
Um
die Hintergründe der Entstehung der Benediktinerregel besser
verstehen zu können, ist es notwendig, auch die Biographie Benedikts
von Nursia kurz in den Blick zu nehmen. Die einzige
Lebensbeschreibung, die uns heute vorliegt, befindet sich in den
bereits erwähnten Dialogen von Papst Gregor dem Großen. Benedikt
von Nursia wurde vermutlich 480 in der Umgebung um Nursia geboren.
Sein Studium, das er um 500 in Rom begonnen hatte, brach er ab, weil
er die Lasterhaftigkeit und die Sittenlosigkeit mit der er sich in
Rom konfrontiert sah, ablehnte. Auf der Suche nach Einsamkeit trieb
es ihn in die Sabiner Berge nach Enfide (heute Affile, Provinz
Latium) und anschließend in die auch in der mittelitalienischen
Provinz Latium gelegene Stadt Sublacus (heute Subiaco), wo er drei
Jahre ein asketisches Leben in einer Höhle geführt haben soll.
Nachdem Benedikt von Nursia von einer in der Nähe von Sublacus
gelegenen Mönchsgemeinschaft zu deren Vorsteher berufen worden war,
er aber durch seine Strenge an der ihm nahegelegten Aufgabe
scheiterte, versammelte er einige Mönche um sich und begab sich mit
diesen im Jahr 529 auf den zwischen Neapel und Rom gelegenen Hügel
Monte Cassino. Auf diesem Hügel gründete Benedikt das unabhängige
und gleichnamige Kloster Monte Cassino, für das er im Verlauf der
Gründung auch eine eigene Mönchsregel, die Benediktinerregel, die
das klösterliche Leben ordnen und regeln sollte, verfasste.
Benedikt
von Nursia nutzte die Magisterregel, eine Mönchsregel, die um 500
bis 535 in der Nähe von Rom auf Latein anonym verfasst wurde, als
Grundlage für seine Benediktinerregel. Zudem ließ er sich bei der
Abfassung der Mönchsregel von den Kirchenlehrern Cassian von
Massilia (gest. um 430/435), Augustinus (gest. 430), Pachomius (gest.
346) und Basilius von Caesarea (gest. um 379) beeinflussen. Insgesamt
bemühte sich Benedikt bei der Konzeption seines Regelwerks um
eine allumfassende Regel für das monastische Leben in einem Kloster.
Es
finden sich nicht nur Regeln zum Abt und zur brüderlichen
Gemeinschaft (Kleidung, Nahrung, Mahlzeiten etc.), zum geistigen
Leben, zu den Gottesdiensten, zu den Mitarbeitern des Abtes und zur
Aufnahme neuer Mitglieder in die Glaubensgemeinschaft, sondern
Benedikt führte auch einen Strafkatalog bei Verstößen gegen das
klösterliche Leben an, legte dar, wie er sich die Verwaltung eines
Klosters vorstellte und gab Vorschriften zur Klausur (von spätlat.
clausura; gemeint ist ein
Bereich im Kloster, zu dem nur die Mitgliedern der Ordens- bzw.
Mönchsgemeinschaft Zutritt haben). Selbst der Tagesablauf
eines Mönches im Kloster wurde durch die Benediktinerregel
vorherbestimmt. Benedikt von Nursia sah im Müßiggang den Feind der
Seele (Cap. 48,1: Otiositas inimica est
animae) und richtete den Tagesablauf
der Mönche so aus, dass keine otiositas
aufkommen konnte. So hatte der Mönch sich von den frühen
Morgenstunden (je nach Jahreszeit zwischen 1 Uhr und 2 Uhr) bis in
die frühen Abendstunden – die Mönche gingen eine halbe Stunde
nach Sonnenuntergang schlafen – mit dem Gebet (ca. drei Stunden),
körperlicher Arbeit (ca. 8 Stunden) und dem Studium religiöser
Texte (ca. vier Stunden) zu beschäftigen. Insgesamt gab es somit
alltäglich ungefähr acht Stunden Ruhe für einen Mönch des
Klosters von Monte Cassino. Der Stellenwert der Arbeit wird auch bei
der Definition eines Mönches in der Benediktinerregel deutlich. So
seien die Mitglieder der Mönchsgemeinschaft erst dann wahre Mönche,
si labore manuum suarum vivunt, sicut
et patres nostri et apostoli (Cap.
48,8), wenn diese also wie schon die Väter und die Apostel von der
Arbeit ihrer Hände leben.
Zudem
galt für den Mönch auch die Trias aus Armut, Keuschheit und
Gehorsam. Vor allem Eigenbesitz wurde als großes Laster betrachtet.
Deshalb durfte sich weder ein Buch, eine Schreibtafel, noch ein
Griffel im Eigentum des Mönchs befinden (Cap. 33,3: neque
aliquid habere proprium, nullam omnino rem, neque codicem, neque
tabulas, neque graphium, sed nihil omnino).
Zudem sollte der Mönch die Keuschheit gleichsam lieben (Cap. 4,61:
castitatem amare)
und war dazu verpflichtet, Gott und dem Abt des Klosters stets Demut
und Gehorsam – dem Gehorsam wird mit 'De
oboedientia' sogar ein eigenes
Kapitel gewidmet – zu erweisen. Insgesamt ließen sich noch viele
weitere Beispiele anführen, die zeigen, dass Benedikt von Nursia in
der Benediktinerregel gut durchdachte und praktische Anweisungen
formulierte, die allumfassend das klösterliche Leben regeln und
ordnen sollten.
Vermutlich
wurde die Benediktinerregel zur Zeit Benedikts von anderen Klöstern
kaum beachtet. Erst um 620 tauchte die Benediktinerregel in
Südfrankreich auf, da die nach der Regel Columbans lebenden Mönche
ihre Regel mit anderen monastischen Vorschriften – darunter befand
sich auch die Regel Benedikts von Nursia – verbanden. Die Synode
von Whitby, eine beratende und gesetzgebende Kirchenversammlung im
angelsächsischen Königreich Northumbria, führte 664 dazu, dass die
Benediktinerregel in die englischen Klöster Einlass und
Alleingeltungsstatus erhielt. Mit der Synode von Aachen 816 und unter
dem Reformabt Benedikt von Aniane (vor 750-821) wurde die
Benediktinerregel dann verbindliche Mönchsregel für alle Klöster
des Frankenreiches.
Die
Urschrift der Benediktinerregel aus dem Kloster Monte Cassino, die
bis 883 im Kloster aufbewahrt wurde, liegt heute nicht mehr vor. Da
das Kloster 883 von den Sarazenen (Sammelbezeichnung für Araber und
synonyme Bezeichnung für Muslime, die sich seit dem 4. Jahrhundert
in profaner und kirchlicher Literatur durchsetzte) bedroht, von
diesen geplündert und zerstört wurde, brachten die Mönche des
Klosters das Regelwerk vor der Bedrohung nach Teano, wo es 886 einem
Brand zum Opfer fiel. Schon 787 war jedoch eine Abschrift der
Urschrift des Regelcodex' auf Wunsch Karls des Großen angefertigt
worden. Wenngleich dieses Exemplar, welches nach Aachen geschickt
wurde, verschollen ist, sind dennoch Abschriften davon bis heute
erhalten. Eine Abschrift fertigten etwa um 817 die Mönche Grimald
und Tatto von der Reichenau für das Kloster Inden bei Aachen (heute
Abtei Kornelimünster) an. Als 840 Reginbert, der Bibliothekar des
Klosters Inden, Abt des Klosters St. Gallen wurde, konnte er dieses
Regelexemplar in sein neues Kloster mitnehmen. Noch heute befindet
sich diese Kopie des im Kloster Inden hergestellten Regelexemplars
als Codex Sangallensis 914
in der Stiftsbibliothek von St. Gallen.
Literatur:
Faust, Ulrich (Hg.): Die Benediktinerregel. Lateinisch-Deutsch, Stuttgart 2009.
Literatur:
Faust, Ulrich (Hg.): Die Benediktinerregel. Lateinisch-Deutsch, Stuttgart 2009.
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