Wenn
man an das Mittelalter denkt und dabei die Eindrücke mitschwingen
lässt, die Filme immer wieder vom Mittelalter vermitteln, dann gibt
es vor allem eine Sache, die man sofort mit dem Mittelalter
verbindet: den Ritter und wie er zu Pferd in seiner glänzenden
Rüstung in einem Tjost, dem ritterlichen
Lanzenspiel, gegen einen Turnierrivalen antritt. Und doch war
bei der kämpferischen Ausstattung des Ritters nicht alles glänzend,
sondern teilweise sogar unglaublich bunt und farbenfroh. Es handelte
sich dabei um den mit dem Wappen des Ritters verzierten Schild. Wo
diese Wappen ihren Ursprung fanden und welche Funktion diese
erfüllten, das soll in diesem Aufsatz genauer dargestellt werden.
Die
Lehre von Wappen und den dazugehörigen Zeichen wird in der
Geschichtswissenschaft Heraldik genannt und erforscht die Entstehung,
die Geschichte sowie die farbliche und formenhafte Gestaltung der
Wappen.
Heute
wird vermutet, dass die ersten verzierten Schilde, sei es nun durch
Farbe oder Formen, mit den Kreuzzügen auftauchten bzw. zwischen der
Zeit der Entstehung des Teppichs von Bayeux (1080-1082) und der Mitte
des 12. Jahrhunderts. Auch wenn diese Datierung kontrovers diskutiert
wird, so lässt sich dennoch auf dem Teppich von Bayeux, auf welchem
Ritter, die an der Schlacht von Hastings 1066 teilgenommen haben,
dargestellt sind, noch kein nachweisbares und dann erblich gewordenes
Wappen erkennen. Für die Mitte des 12. Jahrhunderts liegen
allerdings erste heraldische Zeichen vor. Die Wappen bzw. die
Heraldik muss also in dieser Zwischenzeit entstanden sein. Eben zu
dieser Zeit etablierte sich auch die Bezeichnung 'Wappen'. Diese ist
zurückzuführen auf das mittelhochdeutsche Wort wâpen,
welches ursprünglich nur eine Waffe bezeichnete. Mit dem
Aufkommen der ersten heraldischen Zeichen auf den Waffen, speziell
auf der Verteidigungswaffe Schild, vollzog sich ein Wandel weg von
der Bezeichnung der Waffe hin zur Bezeichnung der Gesamtheit von
Farben und Symbolen auf einer Waffe bzw. dem Schild.
Nasalhelm Vorderansicht |
Mit
den Kreuzzügen hatten sich die Rüstungen der Krieger so verändert,
dass diese eine immer geschlossenere Form annahmen. Dies lässt sich
vor allem gut an der Entwicklung des Helms deutlich machen. Während
die frühen Nasalhelme eine Identifikation ohne große
Schwierigkeiten ermöglichten, so war die Identifizierung eines
Ritters, der einen Topfhelm trug, kaum möglich, weil dieser den Kopf
des Kriegers von allen Seiten umhüllte. Im Kampf war es dem
einzelnen Ritter so nicht möglich, den Freund anhand des Gesichts
vom Feind zu unterscheiden. Es wurde nun eine Möglichkeit gesucht,
diese Unterscheidung in Kampfsituationen dennoch vornehmen zu können.
Topfhelm Seitenansicht |
Normannenschild |
Zunächst
bot nur der Schild des Kriegers mit seiner Großfläche die
Möglichkeit, sich durch Farben und Symbole identifizierbar zu machen.
Der Schild, der eben ursprünglich aus verleimten Brettern bestand,
wurde mit Nägeln versehen, die von der Innenseite des Schildes nach
außen geschlagen wurden, um so Halteriemen zu befestigen. Die Nägel
wurden dann mit metallenen Plättchen verziert und nicht selten
wurden dabei noch weitere Metallplättchen verwendet, um ein
individuelles Muster auf dem Schild anzufertigen. Doch nicht nur
Metall wurde bei der Verzierung verwendet, sondern auch Pergament,
Leder und Stoffe, manchmal sogar Pelz. Auch das Normannische Schild,
die klassische Schutzwaffe im 12. Jahrhundert, wurde mit
verschiedenen Metallbeschlägen oder Stoffverzierungen versehen und
nicht selten waren auch schon erste Bildzeichen erkennbar. Eines der
wohl bekanntesten Zeichen dieser Zeit dürfte das Kreuz als signum
commune (Gemeinschaftszeichen) der Kreuzritter sein. Noch vor dem
Ausbruch des Dritten Kreuzzuges einigten sich beispielsweise Philipp
II. von Frankreich, Heinrich II. von England und Graf Philipp I. von
Flandern am 13. Januar 1188 darauf, dass ihre Ritter jeweils
unterschiedlich farbige Kreuze als Schildzeichen tragen sollten. So
kämpften die Franzosen mit einem roten, die Engländer mit einem
weißen und die Flamen mit einem grünen Kreuz auf den Schilden. Aus
der Kombination von Schild und Schildzeichen entwickelte sich so das
Wappen.
Erst ab der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum Ende des 15.
Jahrhunderts, dass heißt mit dem Aufkommen der Turniertradition,
wurde die Heraldik sowohl ein wichtiger und gelebter Teil der Höfe
von Königen und Fürsten. Schon im 13. Jahrhunderts war der Besitz
eines Wappen dann so populär, dass dieser Brauch von Vertretern der
gesellschaftlichen Hierarchie übernommen wurde. Nicht nur Adlige und
Bürger trugen jetzt Wappen, sondern auch Klöster, Städte und Bistümer
entdeckten den Brauch für sich. Zudem sorgte das Plattnerhandwerk,
welches im 14. Jahrhundert ins Leben gerufen wurde und bei dem es
sich um das Schmiedehandwerk zur Herstellung von Rüstungen handelt,
dafür, dass Schilde mehr und mehr ihre Aufgabe als
Verteidigungswaffen im Kriegswesen verloren. Rüstungen wurden nun so robust und schützten den gesamten Körper, dass Schilde als Verteidigungswaffe nicht mehr gebraucht wurden. Diese wurden nun
so verändert, dass die Zeichen besser und deutlicher angebracht
werden konnten. Es fand also eine Entwicklung vom Kampf- zum
Zierschild statt.
Halbrundschild |
Innerhalb dieser Entwicklung bildete sich im 15.
Jahrhundert unter anderem auch der Halbrundschild heraus, der heute
noch häufig bei der Darstellung von Landeswappen, Stadtwappen oder
Wappen von Königshäusern vorzufinden ist. Zudem entstanden dadurch,
dass die Ritter mehr und mehr die ursprünglichen Zeichen
veränderten, persönliche und vollkommen individuelle Wappen mit so
genannten gemeinen Figuren oder Heroldsbildern. Erst jetzt wurde die
Gleichmäßigkeit der Wappen aufgegeben und erst jetzt wurde das
Wappen zu einem persönlichen Zeichen.
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