Sonntag, 27. März 2016

Die Ehefrauen Heinrichs VIII., Teil V: Catherine Howard


Portrait von Hans Holbein the Younger, 1542,
 https://commons.wikimedia.org/wiki/Henry_VIII_of_England?uselang=de#/media/File:Hans_Holbein_d._J._048.jpg

Dieses Bild zeigt den schon fast legendären englischen König Heinrich VIII. (1491-1547) im Jahr 1542. Bekannt wurde er unter anderem dafür, dass er die Reformation in England entscheidend vorantrieb, aber auch für seine insgesamt sechs Ehen, von denen zwei mit der Enthauptung seiner Gattinnen endeten. Während meistens Heinrich selbst im Fokus der Aufmerksamkeit steht, werden wir uns in unserer kurz!-Reihe mit seinen Ehefrauen beschäftigen. Im Mittelpunkt des fünften Teils dieser Reihe steht Catherine Howard (zwischen 1521 und 1525-1542), die Heinrich VIII. 1540 nach der Scheidung von Anna von Kleve zu seiner fünften Ehefrau machte.

Vermutlich Catherine Howard,
https://de.wikipedia.org/wiki/Catherine_Howard#/media/File:HowardCatherine02.jpeg





Über Catherine Howards Leben, bevor sie zur Königin von England wurde, ist deutlich weniger bekannt als über das ihrer Vorgängerinnen. Sie entstammte der mächtigen Familie Howard und war eine Cousine Anne Boleyns, Heinrichs VIII. zweiter Frau, deren Ehe mit ihrer Enthauptung endete (siehe dazu den zweiten Teil unserer kurz!-Reihe). Catherines Eltern waren Lord Edmund Howard und Joyce Culpeper und sie war wohl das jüngste von zehn Kindern des Paares. Ihr Vater hatte kaum genug Geld, um seiner Familie ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen, wenngleich seine Frau einiges an Vermögen in die Ehe eingebracht hatte. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde Catherine zur Erziehung in den Haushalt ihrer Stiefgroßmutter, der Herzogin von Norfolk, einer der reichsten, unabhängigsten und angesehensten Damen Englands, geschickt. Dort lebte sie in einer Art Schlafsaal gemeinsam mit anderen jungen Mädchen des englischen Adels und wurde unter anderem in höfischem Benehmen, musischen Fähigkeiten, Konversation, Lesen und Schreiben unterrichtet. 

Im Haushalt der Herzogin von Norfolk blühte Catherine regelrecht auf. Zwar erhielten die Mädchen dort eine gewisse, der damaligen Zeit entsprechende, Ausbildung, doch schien die moralische Unterweisung nicht ganz den gängigen Ansprüchen zu genügen. So besuchten immer wieder Männer des Nachts den Mädchenschlafsaal, was sehenden Auges von der Herzogin und den Erzieherinnen geduldet wurde. Auch Catherine Howard unterhielt in dieser Zeit (sie muss zwischen 11 und 15 Jahren alt gewesen sein) erste Beziehungen zu Männern. Zunächst zu ihrem Musiklehrer Henry Manox, später mit dem niederen Adligen Francis Dereham. Beide waren deutlich älter als sie. Mit letzterem soll es auch zum Geschlechtsverkehr und einer Art Eheversprechen gekommen sein, was einer Eheschließung der beiden quasi gleichkam. 

1539 ging Catherine schließlich als Hofdame Annas von Kleve (mehr über Heinrichs vierte Ehefrau könnt ihr an dieser Stelle nachlesen) an den Königshof, wo sie zunächst eine Beziehung zu einem Höfling namens Thomas Culpeper einging und sogar über eine bevorstehende Hochzeit gemunkelt wurde. Schließlich wurde jedoch der König auf das junge Mädchen aufmerksam. Heinrich VIII., enttäuscht von seiner gescheiterten Ehe mit Anna von Kleve, verliebte sich sofort in die rund 30 Jahre jüngere Frau und spätestens im Frühjahr 1540 unterhielten sie bereits eine Liebesbeziehung. Zum Zeitpunkt der Hochzeit im Sommer 1540 war bereits von einer Schwangerschaft Catherines die Rede, was sich jedoch nicht als wahr erwies. Sie schien die perfekte Mischung aus der verführerischen Anne Boleyn und der eher unterwürfigen Jane Seymour zu sein und so wählte sie als ihren Wahlspruch „Kein anderer Wille als der seine“, womit natürlich der Wille Heinrichs VIII. gemeint war. Sie sah es allergings weniger als ihre Aufgabe an, ihren kränkelnden, fettleibigen Gatten zu pflegen, sondern gab sich stattdessen lieber dem Hofleben hin. Der König blühte dennoch auf und überhäufte seine junge Frau mit Geschenken, Aufmerksamkeiten und öffentlichen Liebesbekundungen. Eine Krönung sollte jedoch erst bei ersten Anzeichen einer Schwangerschaft erfolgen.

Sowohl mit ihrer Vorgängerin als auch mit Heinrichs VIII. Kindern aus früheren Ehen wusste Catherine angemessen umzugehen. So empfing sie Anna von Kleve, deren Hofdame sie ja einst gewesen war, bei Hof und allen Beteiligten gelang es, größte Harmonie zu inszenieren. Auch im Umgang ihren Stiefkindern bewies sie einiges Geschick. Als Mary, die Tochter Heinrichs VIII. und Katharinas von Aragon, die sich ja vor allem in ihrem Verhältnis mit Anne Boleyn als etwas schwierig erwiesen hatte und zudem mindestens vier Jahre älter war als ihre neue Stiefmutter, Catherine zunächst nicht mit dem nötigen Respekt begegnete, beschloss diese kurzerhand, ihr weniger Hofdamen zur Verfügung zu stellen. Da lenkte Mary ein, zeigte in Zukunft ein angemesseneres Verhalten und die beiden Frauen entwickelten ein einigermaßen herzliches Verhältnis, wenngleich sie aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Charaktere nie richtige Freundinnen wurden. Auch für ihre jüngere Stieftochter Elizabeth, die Tochter Anne Boleyns, zeigte Catherine eine angemessene Fürsorge, indem sie ihr immer wieder kleine Geschenke machte. Erstmals seit der Scheidung Heinrichs VIII. von Katharina von Aragon gelang es ihr, dessen Verhältnis zu seinen Kindern, aber auch das der Kinder untereinander, etwas zu normalisieren und den Schein familiärer Einheit wiederherzustellen.

Catherine hatte als Königin einen durchaus positiven Anfang erlebt, doch begann sie Fehler zu machen, die Feinde ihrer Familie auf den Plan riefen. So ermöglichte sie denjenigen, die sie auf ihrem Weg zur Krone unterstützt hatten, lukrative Stellungen bei Hof oder in der königlichen Verwaltung. Unter ihnen war auch ihr ehemaliger Liebhaber aus Jugendtagen, Francis Dereham, was natürlich Gerüchte aufkommen ließ, die beiden unterhielten nach wie vor eine Liebesbeziehung. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Catherine sich wieder dem Höfling Thomas Culpeper zugewandt hatte. Von einer Rundreise in den Norden des Reiches im Sommer 1541 wurde schließlich berichtet, dass des Nachts immer wieder lange Licht in den Räumlichkeiten der Königin gebrannt hätte und beobachtet wurde, wie jemand anders als der König zu ihr kam. 

Dies blieb natürlich auch den Feinden ihrer Familie nicht verborgen und sie begannen, Nachforschungen über die Vergangenheit Catherines anzustellen. Die Ergebnisse legte Thomas Cranmer, der Erzbischof von Canterbury, dem König schließlich in einem Schreiben vor. Auch der Vorwurf der Untreue wurde laut. Heinrich VIII. schenkte den Anschuldigungen zunächst keinen Glauben, stimmte aber weiteren Untersuchungen zu. Betroffene und Zeugen wurden befragt, darunter Catherines Zimmergenossinnen aus dem Haushalt der Herzogin von Norfolk. Diese wussten detailreich Auskunft über Catherines recht aktives Liebesleben zu dieser Zeit zu geben. Heinrich war am Boden zerstört, als er hörte, dass die Anschuldigungen gegen seine Frau wohl nicht aus der Luft gegriffen waren und er verließ Anfang November den Hof. Catherine sollte er nie wieder sehen. Diese wurde unterdessen mit den Vorwürfen konfrontiert, leugnete zunächst alles, gab ihren Widerstand jedoch in Anbetracht der erdrückenden Beweislage schließlich auf. Sie flehte um des Königs Gnade, indem sie auf ihre jugendliche Schwäche und die trickreichen Methoden der jungen Männer verwies, brach dann aber völlig zusammen, sodass Cranmer, der sie befragt hatte, dem König berichtete: „I found her in such a lamentation and heaviness as I never saw no creature, so that it would have pitied any man’s heart to have looked upon her.“ (Zitiert nach: Six Wives, S. 672).

Am 12. November wurde Catherine schließlich verhaftet und in Syon unter Arrest gestellt. Ihre Gegner waren jedoch darauf versessen, ihr neben vorehelichen Affären auch noch die Untreue innerhalb der Ehe mit Heinrich VIII. nachzuweisen, was gleichbedeutend mit Hochverrat war. Zunächst wurde Francis Dereham befragt, der jedoch, um seine eigene Unschuld zu bekräftigen, Thomas Culpeper bezichtigte, ein Verhältnis mit der Königin gehabt zu haben, während diese bereits verheiratet war. Als Catherine dahingehend befragt wurde, gestand sie ein, Culpeper zu Unterredungen empfangen und ihm kleine Geschenke gemacht zu haben. Dies reichte ihren Gegnern aus, um sie wegen Hochverrat anzuklagen, obwohl sowohl sie als auch ihr angeblicher Liebhaber vehement abstritten, miteinander Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Belastet wurde die Königin außerdem durch eine ihrer Vertrauten, Lady Jane Rochford. Diese war die Witwe von George Boleyn, Catherines Cousin und dem Bruder Anne Boleyns, und hatte auch bei der Verurteilung der beiden eine entscheidende Rolle als Zeugin gespielt.

Doch nicht nur Catherine wurde angeklagt, sondern auch ihre beiden Liebhaber Francis Dereham und Thomas Culpeper. Sie wurden bereits im November wegen Hochverrats verurteilt. Während Culpeper enthauptet wurde, brachte man Dereham zur Hinrichtungsstätte nach Tyburn, wo er gehängt, kastriert, ausgeweidet, enthauptet und gevierteilt wurde, die übliche Strafe für Hochverräter. Auch die Familie und weitere Vertraute Catherines, unter ihnen auch Lady Rochford, wurden festgenommen und in den Tower gebracht, weil sie Catherines Verrat verschwiegen hatten, obwohl sie davon Kenntnis hatten.
Mitte Februar wurde schließlich auch Catherine selbst von Syon in den Tower gebracht und erhielt am 12. Februar 1542 die Nachricht über ihre bevorstehende Hinrichtung. Daraufhin äußerte sie noch den Wunsch, man möge ihr den Block bringen, auf dem sie hingerichtet werde, damit sie üben könne, ihren Kopf bestmöglich darauf zu legen. Dies wurde ihr gewährt. Am kommenden Tag verlor Catherine Howard ihren Kopf, nachdem sie angeblich folgende letzte Worte gesprochen haben soll: „Ich sterbe als Königin, aber ich würde lieber als Frau von Culpeper sterben. Gott sei meiner Seele gnädig. Liebe Leute, ich bitte euch, betet für mich.“ Direkt nach ihr trat auch Lady Jane Rochford, einstige Vertraute der Königin und entscheidendes Puzzlestück im Prozess gegen George und Anne Boleyn aber auch gegen Catherine Howard selbst, auf das Schafott und wurde hingerichtet.

Zum Weiterlesen: 
Panzer, Marita A.: Englands Königinnen. Von den Tudors zu den Windsors, Regensburg 2001.
Starkey, David: Six Wives. The Queens of Henry VIII., London 2003. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen