Ab dem 13. Jahrhundert wandelte sich das Wappen mehr
zum Persönlichkeitszeichen und gab seine vormalige Aufgabe als Gruppenzeichen
oder Verteidigungswaffe sukzessive auf. Mit der aufkommenden Turniertradition
im 12. und 13. Jahrhundert und der Zeit des europäischen Rittertums kann man
zudem davon sprechen, dass nun innerhalb der Heraldik ein Wandel von der
Kriegsheraldik zur Turnierheraldik vollzogen wurde, der einige Veränderungen
mit sich brachte.
Für die Turniere wurden Wappen für den Adel besonders
wichtig und auch hier war es erneut das Problem der individuellen
Identifikation, welches dafür sorgte, dass eine Entwicklung innerhalb der
Heraldik einsetzte. Da Wappen nun erblich geworden waren, stand das Wappen als
Persönlichkeitszeichen nicht mehr nur stellvertretend für eine Einzelperson,
sondern als Familienzeichen für eine ganze Familie. Dadurch sah der Adel sich
mit dem Umstand konfrontiert, dass mehrere Personen sowie auch mehrere Familien
das gleiche Wappen führten beziehungsweise führen konnten. Dies war aber bei
den Turnieren, die nur dem Adel zugänglich waren, nicht zugelassen, noch
weniger gewollt. Um ein Wappen wieder in die Richtung des
Persönlichkeitszeichens zu rücken, entstanden so im Laufe der Zeit mehrere heraldische
Elemente, die zur Individualisierung des Wappens führten. Zu diesen Elementen
zählt die Heraldik den Helm, die Helmzier und die Helmdecke; also genau die
Bestandteile, die heute wie damals ein sogenanntes Vollwappen ausmachen.
Bügelhelm mit Helmzier auf dem Wappen der 'City of London'. |
Ein weiteres Element des Vollwappens entstand im 14.
Jahrhundert mit der Helmdecke. Schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts weisen
Normannenhelme Merkmale auf, die darauf hindeuten, dass Stofftücher an diesen
angebracht waren. Vermutlich hatte die Helmdecke zu dieser Zeit die Aufgabe,
dem galoppierenden Ritter durch Umflattern Kühlung zu spenden. Warum die
Helmdecke dann auch in der Turniertradition Verwendung fand, kann nicht mit
Sicherheit gesagt werden. Vermutlich war es mehr die schmückende und modische
Eigenschaft des farbigen Tuches, welches am Helm angebracht war, die den
adligen Ritter dazu veranlasste, den Turnierhelm vor einem Tjost mit einem
zusätzlich verzierenden Tuch oder Band zu versehen. Im 15. Jahrhundert wurde
die Mode der Helmdecken so exzessiv betrieben, dass keine mantelartigen Decken
mehr den Turnierhelm verzierten, sondern ranken- oder blätterartige Bänder.
Halbrundschild mit dreilätzigem Turnierkragen als Beizeichen |
Als weitere Individualisierungsmerkmale in der
Heraldik lassen sich so genannte Beizeichen ausmachen, die zwischen dem 13. und
15. Jahrhundert ihre Verwendung fanden. Dabei handelt es sich um bestimmte
Zeichen, die dem Wappenschild hinzugefügt wurden, um Nebenlinien einer Familie
zu kennzeichnen und diese von der Stammlinie, welche das Stammwappen führte, zu
unterscheiden. Klassische Beizeichen, die in ein Wappen integriert wurden,
waren etwa der Turnierkragen, der unterschiedlich viele Lätzen aufweisen
konnte, der Schrägfaden oder die Bordüre.
Halbrundschild mit Schrägfaden als Beizeichen |
Spätestens jetzt löste sich das Wappen auch vom Adel.
Zwar hatten auch im 13. und 14. Jahrhundert schon Bürger, Städte und einige
Bauern Wappen getragen, sich dabei aber allein auf den Wappenschild beschränkt,
da Helm, Helmzier und Helmdecke dem Turnier ausführenden Adel vorbehalten
waren. Viele Familien ließen sich nun jedoch ein Wappen mit Helm und Helmzier
durch einen offiziell ausgestellten Wappenbrief bestätigen und aus dem Zeichen
des Adels wurde vermehrt eine Art Auszeichnung durch den Herrscher.
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